Schulden: Schuldenvergleich statt Privatinsolvenz? Das sind die Vor- und Nachteile

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Wer überschuldet ist, stellt sich die Frage, ob er in die Privatinsolvenz gehen soll. Dies hat jedoch gravierende Folgen für die nächsten drei Jahre. Eine Alternative kann der Schuldenvergleich sein. In diesem Artikel erfahren Sie die Vor- und Nachteile im Vergleich zur Insolvenz.

Privatinsolvenz ist immer ein schwerwiegender Eingriff

Bei einer Privatinsolvenz wird jedes Einkommen, dass über dem Selbstbehalt liegt, durch die Gläubiger gepfändet. Schuldner müssen mind. 3 Jahre überstehen, um wieder Schuldenfrei zu werden.

Derzeit gelten folgende Pfändungsfreibeträge für 2023/2024

  • Für einen Single  ohne Unterhaltspflicht beträgt der Pfändungsfreibetrag seit 1. Juli 2023 bei 1.402,28 €.
  • Ein Schuldner, der einer anderen Person gegenüber zu Unterhalt verpflichtet ist, darf bis zu 1930.04 Euro Netto-Einkommen als Freibetrag geltend machen..
  • Muss der betroffene Schuldner zwei Personen Unterhalt leisten, liegt die Grenze bei 2224.06 Euro.

Der maximale Freibetrag nach § 850c Abs. 3 Satz 3 ZPO liegt bei 4.298,81 Euro (2023/24). Ein darüber hinausgehendes Einkommen unterliegt dann in vollem Umfang der Pfändung.

Video: Dr. Utz Anhalt zu den neuen Pfändungsfreigrenzen

Außergerichtlicher Schuldenvergleich

Eine Alternative ist der Schuldenvergleich. Dabei handelt es sich um einen Vergleich zwischen Gläubigern und Schuldnern, der durch gegenseitiges Nachgeben beendet wird. Grundsätzlich kann die überschuldete Person den Gläubigern einen Vergleich vorschlagen. Den Gläubigern steht es jedoch frei, in die Vergleichsverhandlungen einzutreten.

vvIn einem Einzelvertrag werden – sofern sich Schuldner und Gläubiger einigen können – vertragliche Regelungen zur Schuldenbereinigung getroffen.

Abzahlungsplan vereinbaren

Die Gläubiger sind in der Regel daran interessiert, zumindest einen Teil ihres Geldes zurückzubekommen. Deshalb sind die meisten von ihnen bereit, sich auf einen Vergleich einzulassen. Wenn es zu einer Zusammenarbeit mit den Gläubigern kommt, vereinbaren beide Seiten einen Ratenzahlungsplan.

Der Schuldner zahlt einen Teil der Schulden zurück, im Gegenzug verzichtet der Gläubiger auf einen anderen Teil der Forderung. Die Restschuld wird dem Schuldner erlassen. Dies wird vertraglich festgelegt. So wird der Schuldner von seinen Restschulden befreit, ohne einen Insolvenzantrag stellen zu müssen.

Wichtig: Der Vertrag ist bindend, so dass später erlassene Forderungen aus dem Vergleich nicht wieder erneut verlangt werden können.

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Was ist der Vorteil bei einem Schuldenvergleich?

Erstens müssen die Schuldner kein Insolvenzverfahren durchlaufen, das ebenfalls mit Kosten verbunden ist. Man muss nicht drei Jahre am Rande des Existenzminimums leben, um schuldenfrei zu sein. Die Bonität bleibt erhalten.

Langfristig positiv ist, dass kein Insolvenzverfahren bei der Schufa vermerkt wird. Ein Schuldenvergleich ist kein öffentliches Verfahren und wird daher auch nicht in das Schuldnerverzeichnis eingetragen. Bei einem Insolvenzverfahren muss alles, was irgendwie zu Geld gemacht werden kann, offengelegt und verwertet werden. Bei einem Schuldenvergleich ist dies nicht notwendig.

Schuldenvergleich auch für Gläubiger von Vorteil

Auch für die Gläubiger ist die Schuldenregelung von Vorteil. Sie müssen keine zusätzliche Zeit und finanzielle Mittel aufwenden, um die Schulden einzutreiben.

Durch den Vergleich erhalten sie zumindest einen Teil ihrer Forderungen zurück, während die Gläubiger im Insolvenzverfahren aufgrund der hohen Verfahrenskosten in den meisten Fällen leer ausgehen.

Wie einen Gläubiger davon überzeugen, dass ein Vergleich von Vorteil ist?

Wie bereits erwähnt, sind die Gläubiger nicht verpflichtet, einem außergerichtlichen Schuldenvergleich zuzustimmen. In einem Insolvenzverfahren können die Gläubiger nicht alle Forderungen eintreiben. In den meisten Fällen gehen die Gläubiger leer aus.

Es ist sinnvoll, den Gläubigern eine höhere Summe anzubieten, als sie im Insolvenzverfahren erhalten würden. Der Ratenzahlungsplan sollte jedoch realistisch sein, damit der Schuldner ihn über Jahre hinweg einhalten kann.

Achtung: Abzahlungsplan unbedingt einhalten

Kann der Vertrag nicht eingehalten werden und bleiben die vereinbarten Ratenzahlungen aus, kann der Gläubiger den Vertrag einseitig kündigen.

Zwangsvollstreckung und unfreiwillige Insolvenz sind dann die Folge. Dies gilt es zu vermeiden! Deshalb ist eine realistische Einschätzung wichtig, damit der Schuldenvergleich nicht platzt.

Immer sich Hilfe suchen!

Es ist immer sinnvoll, eine dritte Partei in die Verhandlungen einzubeziehen. Die Schuldnerberatung oder auch erfahrene Rechtsanwälte, die sich mit Insolvenzrecht und Schuldenbereinigung auskennen, sollten hinzugezogen werden. Fachleute können bei den Verhandlungen helfen und helfen, realistische Rückzahlungsziele zu vereinbaren.

Außerdem helfen Rechtsanwälte bei der Vertragsgestaltung und schaffen als “dritte Partei” Vertrauen bei den Gläubigern, damit diese einem Vergleich zustimmen.

Die Schuldnerberatung führt fast täglich Verhandlungen für Schuldner und weiß daher sehr genau, worauf es ankommt. Sie wissen auch, wie man Gläubiger überzeugt und welche Ziele realistisch sind.