Wer Schulden hat, ob berechtigt oder unberechtigt, wird mit groรer Wahrscheinlichkeit Post von einem Inkassobรผro erhalten. Dabei versuchen die Bรผros, eine mรถglichst groรe Drohkulisse aufzubauen, damit die Schuldner die offenen Posten mรถglichst schnell bezahlen. “Keine Angst vor Inkassobriefen”, rรคt dagegen die Verbraucherzentrale Hamburg.
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Inkassobriefe sollen vor allem einschรผchtern
“Die Drohungen in den Briefen sollen Sie nur einschรผchtern”, warnt die Verbraucherzentrale. Denn hรคufig bauen Inkassounternehmen eine Drohkulisse auf, die keine rechtliche Grundlage hat. Nicht selten sind die Forderungen aus der Luft gegriffen. Zudem treiben die Gebรผhren die Rechnungen immer weiter in die Hรถhe.
Wer jedoch ein Schreiben eines Inkassobรผros in den Hรคnden hรคlt, bekommt es mit der Angst zu tun. Neben der eigentlichen Forderung kommen noch saftige Gebรผhren, Zinsen und Auslagen hinzu.
Um die Betroffenen zur Zahlung zu zwingen, wird in den Briefen mit Pfรคndung, Kontokรผndigung und Lohnpfรคndung gedroht. Manche Inkassoschreiben gehen noch einen Schritt weiter und drohen sogar mit Gefรคngnis.
Viele Menschen geben den Drohungen nach und zahlen aus Angst. Sie denken, morgen steht der Gerichtsvollzieher vor der Tรผr.
Wer dem ersten Mahnschreiben trotzt, erlebt meist, dass im Wochentakt weitere Inkassoschreiben im Briefkasten landen und die Forderungen immer hรถher werden. “Der Druck wird immer grรถรer”, sagt auch Tobias Meyer, Schuldnerberater aus Hannover.
Wenn betrรผgerische Firmen Inkasso-Bรผros beauftragen
Was viele nicht wissen: Immer รถfter passiert es auch, dass auch betrรผgerische oder unseriรถse Unternehmen behaupten, man wรผrde ihnen Geld schulden. Die vermeintlich offenen Forderungen werden sodann an ein Inkasso-Bรผro weitergegeben.
Diese prรผfen allerdings nicht, ob die behauptete Forderung rechtens ist. Daher sollten Betroffene immer alle Forderungen nach Rechtmรครigkeit selbststรคndig รผberprรผfen.
Wenn die Forderung unberechtigt ist
Stellt sich heraus, dass die Forderung unberechtigt ist, sollten Betroffene dem Inkassounternehmen mitteilen, dass die Forderung unberechtigt ist. Dies sollte immer schriftlich per Einwurfeinschreiben geschehen, um den Widerspruch spรคter vor Gericht beweisen zu kรถnnen.
Wird die Forderung nicht bezahlt, kann das Inkassobรผro nichts unternehmen. Das einzige Mittel, das dem Inkassounternehmen bleibt, sind weitere, zum Teil wรผste Drohbriefe. Die Unternehmen kรถnnen den (vermeintlichen) Schuldnern keine Gerichtsvollzieher ins Haus schicken, keine Pfรคndungen veranlassen und schon gar keine Erzwingungshaft beantragen.
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Kann ein Inkassounternehmen mit Haft drohen?
Haft kann nur beantragt werden, wenn der Glรคubiger einen Titel (Vollstreckungsbescheid) erwirkt hat, die Forderung grundlos nicht bezahlt wird, die Vermรถgensauskunft verweigert wird und alle Vollstreckungsbemรผhungen erfolglos geblieben sind.
Um solche Maรnahmen ergreifen zu kรถnnen, mรผsste das Inkassoinstitut zunรคchst einen Titel erwirken. Dies sei nur mรถglich, wenn ein gerichtlicher Vollstreckungsbescheid, ein notarielles Schuldanerkenntnis oder ein Urteil vorliege, berichten die Verbraucherschรผtzer.
Doch bis es so weit ist, haben Schuldner im Rahmen eines Mahnverfahrens oder einer Klage mehrfach die Mรถglichkeit darzulegen, warum die Hรถhe der Forderung oder die Forderung รผberhaupt unbegrรผndet ist.
Betrรผgerische Unternehmen wissen das und werden nicht vor Gericht ziehen. Bei unberechtigten Forderungen wird die Angelegenheit daher eher “im Sande verlaufen”.
Wird allerdings tatsรคchlich ein gerichtlicher Mahnbescheid zugestellt, sollten Betroffene sehr zeitnah darauf reagieren!
Wenn die Forderung berechtigt ist
Wenn die Forderung berechtigt ist, muss sie natรผrlich bezahlt werden. Kann die Forderung nicht beglichen werden, kann in den meisten Fรคllen mit dem Glรคubiger oder auch dem Inkassobรผro eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen werden.
Liegt das Einkommen unter der Pfรคndungsfreigrenze, ist es ratsam, sich an eine Schuldnerberatungs- oder Verbraucherzentrale zu wenden. Denn wer die Forderung begleicht, obwohl kaum Geld fรผr den Lebensunterhalt vorhanden ist, gerรคt immer tiefer in die Schuldenspirale.
Nicht selten verlangen Inkassounternehmen fรผr eine Ratenzahlung sehr hohe Gebรผhren. Das treibt die Gesamtkosten weiter in die Hรถhe.
Die Gebรผhren sind oft unzulรคssig
Die Inkassounternehmen versuchen so, mรถglichst hohe Gebรผhren geltend zu machen. Es werden horrende Gebรผhren, Auslagen und Zinsen veranschlagt, die die Forderungen faktisch explodieren lassen. Manche Inkassounternehmen verlangen auch ungerechtfertigte Kosten fรผr Recherchen, รberprรผfungen, Nachforschungen oder unzulรคssige Kontofรผhrungsgebรผhren.
“Bei zwei Dritteln von mehr als 1.100 Verbraucherbeschwerden, die die Verbraucherzentralen untersucht haben, standen die Gebรผhren in keinem Verhรคltnis zur Leistung”, berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg. Betroffene sollten daher Inkassoschreiben immer von den Verbraucherzentralen auf Rechtmรครigkeit und Gebรผhren รผberprรผfen lassen.
Neue Gebรผhrenstufe eingefรผhrt
Seit Oktober 2021 wurde bei Kleinstbetrรคgen unter 50 eine neue eingefรผhrte Gebรผhrenstufe eingefรผhrt. Diese soll nunmehr verhindern, dass Inkassokosten den ursprรผnglich geforderten Betrag รผbersteigen.