Beratungs- und Unterstützungspflicht des Jobcenters bei zu hohen Heizkosten ein Muss
.Bevor der SGB II-Leistungsträger bei hohen Heizkosten eine Kostensenkung bzw einen Umzug vom Leistungsberechtigten verlangen kann, sind die Umstände des Einzelfalles zu prüfen ( LSG Sachsen- Anhalt – L 4 AS 429/15 B ER – ).
Bei hohem Wohnungsleerstand ist mit erhöhten Heizkosten für Mieter zu rechnen. Hierbei steht dem Mieter gegebenenfalls nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung (vgl BGH vom 10.12.2014 – VIII ZR 9/14 = MDR 2015, 143) ein Anspruch auf Heizkostenbegrenzung bei erheblichem Leerstand gegen den Vermieter zu.
Dem Jobcenter obliegt es daher, die Hilfebedürftigen im Rahmen der allgemeinen Beratungspflichten nach § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) auf diese Rechte hinzuweisen.
BSG -Rechtprechung besagt, dass Jobcenter Bürgergeldempfänger beraten müssen – bei Geltendmachung von Rechten gegen ihren Vermieter
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist der Leistungsträger/ Jobcenter bei einem Sozialrechtsverhältnis verpflichtet, den Hilfebedürftigen bei der Geltendmachung von Rechten gegen den Vermieter zu unterstützen (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 15/11 R; Urteil vom 17. Februar 2015, B 14 KG 1/14 R – ).
Er darf ihn nicht lediglich auf seine Selbsthilfemöglichkeiten verweisen.
Denn diese Beratungspflicht ist weitreichend, sie geht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bis zur eigenen Beteiligung des Leistungsträgers an einem zivilrechtlichen Rechtsstreit.
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Entgegen der Auffassung des Jobcenters kommt auch eine Unterstützung im Wege der Streitgenossenschaft in Betracht
Denn Verlangt das Jobcenter trotz erheblichen Leerstandes im Wohnobjekt vom Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen, darf es sich der Einbeziehung des Vermieters in seine Überlegungen zur Kostensenkung nicht einfach verschießen.
Dies gilt auch gerade vor dem Hintergrund, dass der Vermieter im vorliegenden Fall offenbar Probleme hatte, die Betriebskosten für das vorangegangene Kalenderjahr zeitnah abzurechnen.
Wohnungswechsel (derzeit) für den Bürgergeldbezieher – unzumutbar – Überschreitung der Zumutbarkeit – so die Richter!
Denn es scheint keinen angemessenen und zumutbaren Wohnraum für die Antragsteller in ihrem Wohnort zu geben. Die vom Jobcenter vorgeschlagenen Wohnungen sind mit Wohnflächen um 100 m² deutlich zu klein.
Ein Wechsel des Wohnortes scheint nicht zumutbar, da dieser üblicherweise mit Schulwechseln verbunden ist. Erst recht dürfte ein Umzug über den Vergleichsraum hinaus in ein anderes Bundesland die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten.
Fazit:
Bevor das Jobcenter nicht selbst mögliche Kostensenkungen beim Vermieter zu erreichen versucht, sind die Antragsteller/ Leistungsbezieher nicht verpflichtet, in andere Wohnungen umzuziehen.
Bevor der SGB II-Leistungsträger bei hohen Heizkosten eine Kostensenkung bzw einen Umzug vom Leistungsberechtigten verlangen kann, sind die Umstände des Einzelfalles zu prüfen.
Bei erheblichem Leerstand von mehr als 30 % im Wohnobjekt und Fehlern des Vermieters in der Betriebskostenkostenabrechnung ist der SGB II-Leistungsträgerr vorrangig verpflichtet, den Leistungsberechtigten bei der Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber dem Vermieter (auf Mietminderung) zu beraten und zu unterstützen (§ 14 SGB I).