Ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt für Aufsehen: Selbst viele Jahre nach Abschluss eines Basisrentenvertrags, auch bekannt als Rürup-Rente, können Versicherte unter bestimmten Bedingungen noch den Widerruf erklären.
Damit könnten hohe Rückzahlungen möglich werden – ein wichtiges Signal für Menschen, die sich aus langfristig nachteiligen Versicherungsverträgen lösen wollen.
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BGH-Urteil vom Juli 2025 bringt neue Hoffnung
Im konkreten Fall hatte eine Versicherte im Jahr 2009 einen Rürup-Vertrag abgeschlossen. Zwölf Jahre später widerrief sie den Vertrag und forderte eine Rückzahlung von über 40.000 Euro. Der Versicherer verweigerte die Zahlung mit Verweis auf die lange Zeitspanne.
Doch der Bundesgerichtshof entschied am 9. Juli 2025 (Az. IV ZR 161/23): Die Widerrufsbelehrung im Vertrag war fehlerhaft, wodurch die gesetzliche Frist zum Widerruf nie zu laufen begann. Die Versicherte dürfe daher den Vertrag auch nach vielen Jahren noch anfechten.
Fehlerhafte Belehrung verhindert Fristbeginn
Das Gericht begründete seine Entscheidung mit mehreren Mängeln in der Belehrung. Zum einen enthielt sie Hinweise auf gesetzliche Vorschriften, die erst nach Vertragsschluss in Kraft traten.
Zum anderen verwies sie auf Regelungen zum Fernabsatzrecht, obwohl der Vertrag klassisch per Post abgeschlossen worden war.
Solche Fehler führen laut BGH dazu, dass die Widerrufsfrist gar nicht erst zu laufen beginnt. Die Versicherte habe sich zudem nicht treuwidrig verhalten, sondern schlicht wie eine normale Kundin ihren vertraglichen Pflichten nachgekommen.
Wer besonders betroffen sein könnte
Besonders brisant ist das Urteil für Versicherte mit älteren Rürup-Verträgen, die zwischen etwa 2005 und 2015 abgeschlossen wurden. In diesem Zeitraum waren fehlerhafte Widerrufsbelehrungen offenbar keine Seltenheit.
Wer damals einen Vertrag unterschrieben hat und sich heute über niedrige Verzinsung, hohe Abschlusskosten oder eingeschränkte Flexibilität ärgert, sollte den Vertrag genau unter die Lupe nehmen.
Entscheidend ist dabei die Frage, ob die Belehrung den formalen Anforderungen des Versicherungsvertragsgesetzes entspricht.
Häufige Mängel in alten Verträgen
Fehlerhafte Formulierungen, falsche Gesetzesbezeichnungen oder unklare Hinweise auf Rechte und Pflichten der Versicherten können die Grundlage für einen nachträglichen Widerruf schaffen.
Die rechtliche Bedeutung des Urteils reicht weit über den Einzelfall hinaus. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass sich Versicherer nicht auf formale Fristabläufe berufen können, wenn sie ihre Kunden nicht korrekt aufgeklärt haben.
Verbraucherrechte deutlich gestärkt
Damit stärkt das Gericht die Verbraucherrechte erheblich und schafft neue Spielräume für tausende Versicherte, die bislang in der Annahme lebten, aus ihren Verträgen nicht mehr herauszukommen.
Zwar ist die endgültige Entscheidung im konkreten Fall noch offen, da das Verfahren zur weiteren Prüfung an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen wurde.
Doch die Argumentationslinie des BGH ist deutlich: Eine fehlerhafte Belehrung führt dazu, dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wird. Das könnte in vielen ähnlich gelagerten Fällen zu Rückabwicklungen führen.
Was Versicherte jetzt tun sollten
Wer sich nicht sicher ist, ob der eigene Vertrag betroffen sein könnte, sollte fachkundigen Rat einholen. Gerade spezialisierte Fachanwälte für Versicherungsrecht können schnell erkennen, ob eine Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder nicht.
Eine einfache Prüfung der Vertragsunterlagen kann ausreichen, um Klarheit zu schaffen. Wichtig ist auch die Einschätzung, ob das Verhalten der Versicherten in der Vergangenheit als widersprüchlich oder treuwidrig bewertet werden könnte.
Denn nur wenn keine solchen Einwände bestehen, ist ein Widerruf auch tatsächlich durchsetzbar.
Neue Chance für unzufriedene Rürup-Sparer
Für viele Menschen ist die Rürup-Rente ein zentraler Bestandteil ihrer Altersvorsorge. Doch nicht selten führen unflexible Vertragsbedingungen und niedrige Renditen zu Unzufriedenheit.
Das Urteil des BGH bietet nun eine mögliche Exit-Strategie – vorausgesetzt, die Voraussetzungen stimmen. Wer betroffen ist, sollte die Initiative ergreifen und den eigenen Vertrag professionell prüfen lassen. Eine Chance wie diese kommt selten.




