Im Rentenrecht bezeichnet die Zurechnungszeit Zeiträume, die bei der Berechnung bestimmter Renten berücksichtigt werden, wenn der Versicherte das 67. Lebensjahr bislang nicht erreicht hat. Die rechtliche Grundlage dafür bildet § 59 SGB VI.
Die Zurechnungszeit stellt sicher, dass Versicherte, die frühzeitig eine Rente beziehen müssen, so behandelt werden, als hätten sie bis zum regulären Rentenbeginn weitergearbeitet und ihr durchschnittliches Einkommen erzielt.
Welche Rentenarten sind von der Zurechnungszeit betroffen?
Die Zurechnungszeit ist für folgende Rentenarten relevant:
- Erwerbsminderungsrente (voll und teilweise)
- Hinterbliebenenrenten wie Witwen-, Witwer- und Erziehungsrenten
- Waisenrenten (Voll- und Halbwaisenrente)
Für die Altersrente hingegen ist die Zurechnungszeit nicht von Bedeutung.
Auswirkungen der Zurechnungszeit auf die Erwerbsminderungsrente
Durch die Zurechnungszeit wird die Höhe der Erwerbsminderungsrente für Personen, die das Renteneinstiegsalter bisher nicht erreicht haben, erhöht. Fehlende rentenrechtliche Zeiten und Entgeltpunkte werden ausgeglichen.
Die Deutsche Rentenversicherung gibt an, dass durch die schrittweise Verlängerung der Zurechnungszeit die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente für Neurentner ab 2019 um etwa 70 EUR monatlich gestiegen ist.
Funktion und Ziel der Zurechnungszeit
Die Zurechnungszeit hat die Funktion, Versicherte so zu stellen, als hätten sie bis zum Beginn der Altersrente weitergearbeitet und ihr durchschnittliches Einkommen erhalten. Dies führt zu einer Aufstockung der Rentenansprüche und einer höheren ausgezahlten Rente.
Dadurch soll die Anzahl der Rentenempfänger, die auf Grundsicherung angewiesen sind, verringert werden. Ab 2031 wird die Zurechnungszeit einheitlich bis zum 67. Lebensjahr berücksichtigt.
Verlängerung der Zurechnungszeit – Tabelle
Die Zurechnungszeit wird schrittweise verlängert. Hier ein Überblick:
Bei Beginn der Rente des Versicherten im Jahr
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Anhebung Monate | Jahre des Rentenbezugs |
Monate des Rentenbezugs
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2019 | 65 | 8 | |
2020 | 1 | 65 | 9 |
2021 | 2 | 65 | 10 |
2022 | 3 | 65 | 11 |
2023 | 4 | 66 | 0 |
2024 | 5 | 66 | 1 |
2025 | 6 | 66 | 2 |
2026 | 7 | 66 | 3 |
2027 | 8 | 66 | 4 |
2028 | 10 | 66 | 6 |
2029 | 12 | 66 | 8 |
2030 | 14 | 66 | 10 |
Rechenbeispiel zur Zurechnungszeit bei Erwerbsminderung
Ein Beispiel verdeutlicht die Berechnung der Zurechnungszeit bei Erwerbsminderung:
Frau Bender wird im Jahr 2024 im Alter von 50 Jahren erwerbsunfähig. Sie hat 25 Jahre lang Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Laut der Tabelle wird die Zurechnungszeit im Jahr 2024 bis zu einem Alter von 66 Jahren und 1 Monat berücksichtigt.
Das bedeutet, für die Rentenberechnung wird angenommen, dass Frau Bender bis zu diesem Alter weitergearbeitet hat. Somit ergeben sich 16 Jahre und 1 Monat zusätzliche Beitragszeit.
Berechnung:
- Reguläre Beitragszeit: 25 Jahre
- Zurechnungszeit: 16 Jahre und 1 Monat
- Gesamt: 41 Jahre und 1 Monat
Durch die Zurechnungszeit erhält Frau Bender eine höhere Rente, als ob sie 41 Jahre und 1 Monat gearbeitet hätte, anstatt nur 25 Jahre.
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.