Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 2023 lag die durchschnittliche Nettorente fรผr Menschen mit mindestens 35 Jahren Beitragszeit bei gerade einmal 1.425 Euro im Monat. Das ist nur knapp รผber der Schwelle zur Armutsgefรคhrdung โ aktuell bei rund 1.250 Euro.
Laut Deutscher Rentenversicherung betrifft das mehr als die Hรคlfte aller neuen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland โ genau genommen 58 Prozent. Ein alarmierendes Signal.
35 Jahre Arbeit โ und trotzdem reicht es kaum zum Leben
Rund 952.000 Menschen gingen 2023 neu in Rente. รber 553.000 von ihnen hatten mindestens 35 Jahre Beitrรคge in die Rentenversicherung eingezahlt. Doch ihre durchschnittliche Rente liegt nur etwa 175 Euro รผber dem Betrag, der als kritische Grenze zur Altersarmut gilt.
Besonders hart trifft es diejenigen, die in Stรคdten mit hohen Lebenshaltungskosten leben โ etwa in Mรผnchen, wo selbst das Allernรถtigste zur finanziellen Herausforderung wird.
Wer besonders betroffen ist
Es sind lรคngst nicht mehr nur klassische Geringverdiener, die im Alter mit wenig auskommen mรผssen. Auch viele Menschen aus der Mittelschicht sind betroffen โ etwa Menschen, die in Teilzeit gearbeitet haben, durch Krankheit ausfielen oder arbeitslos waren. Selbst 35 durchgehende Erwerbsjahre bieten keine Garantie mehr fรผr finanzielle Sicherheit im Ruhestand.
213.000 Menschen nutzten 2023 die regulรคre Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte (ab 35 Beitragsjahren).
62.000 Rentnerinnen und Rentner erhielten eine Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen, ebenfalls mit mindestens 35 Beitragsjahren.
Rund 215.000 erfรผllten die Voraussetzungen fรผr die abschlagsfreie Rente nach 45 Jahren Beitragszeit โ und kamen damit auf durchschnittlich 1.565 Euro netto. Doch selbst das reicht in vielen Regionen kaum fรผr ein sorgloses Leben im Alter.
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Abschlรคge machen die Situation noch schwieriger
Wer keine 45 Jahre voll bekommt und trotzdem frรผher in Rente geht, muss mit deutlichen Abschlรคgen leben. Pro vorgezogenem Jahr gibt es 3,6 Prozent weniger โ bei einer Nettorente von 1.400 Euro bedeutet das rund 50 Euro weniger im Monat.
Fรผr viele ist das ein Grund, lรคnger zu arbeiten โ auch wenn gesundheitliche Probleme oder private Umstรคnde das eigentlich nicht zulassen.
Renteneintrittsalter steigt โ und damit der Druck
Hinzu kommt: Das gesetzliche Rentenalter steigt weiter. Wer ab 1960 geboren ist, kann frรผhestens mit รผber 64 Jahren ohne Abschlรคge in Rente gehen. Viele รltere sehen sich dadurch gezwungen, lรคnger durchzuhalten โ einfach, weil sie es sich finanziell nicht leisten kรถnnen, frรผher aufzuhรถren.
Deutschland im Vergleich: Mittelmaร in Europa
Zwar gilt das deutsche Rentensystem als solide โ doch der europรคische Vergleich zeigt ein ernรผchterndes Bild. Lรคnder wie รsterreich oder die Niederlande zahlen bei รคhnlicher Beitragszeit deutlich hรถhere Renten. Der Grund: Dort ist das sogenannte Rentenniveau โ also der Anteil der Rente am letzten Einkommen โ deutlich hรถher. Deutschland landet hier nur im Mittelfeld.
Land | Rentenniveau (Geringยญverdiener[1]) |
Rentenniveau (Durchschnittsยญverdiener[2]) |
Rentenniveau (Besserยญverdiener[3] |
Litauen | 44 | 30,7 | 22,8 |
Estland | 52,1 | 33,8 | 23,5 |
Polen | 39,1 | 36,5 | 36,8 |
Irland | 67,5 | 39,9 | 24 |
Schweiz | 57,8 | 50,7 | 27,9 |
Deutschland | 57,9 | 52,9 | 41,9 |
Lettland | 55,4 | 55,3 | 52,9 |
Norwegen | 76,3 | 55,7 | 36,2 |
Schweden | 65,1 | 56,2 | 75,3 |
Vereinigtes Kรถnigreich | 79,2 | 58,1 | 47,7 |
Island | 81,3 | 59,7 | 59,9 |
Belgien | 83 | 61,9 | 43,9 |
OECD-Durchschnitt | 74,4 | 62,4 | 54,9 |
Finnland | 63,8 | 63,2 | 64,3 |
Slowenien | 87,3 | 63,3 | 59,2 |
Tschechien | 100 | 65,2 | 45,7 |
Slowakei | 76,2 | 69,4 | 64,3 |
Frankreich | 71,3 | 74,4 | 64,5 |
Spanien | 80,1 | 80,3 | 74,7 |
Italien | 78,4 | 81,7 | 84,6 |
Griechenland | 94,1 | 83,6 | 77,5 |
Dรคnemark | 124,7 | 84 | 71,4 |
รsterreich | 84,4 | 87,1 | 67,6 |
Luxemburg | 98,9 | 88,7 | 80,2 |
Niederlande | 94,3 | 89,2 | 87 |
Portugal | 88,5 | 90,3 | 89,7 |
Ungarn | 94 | 94 | 94 |
Tรผrkei | 94,8 | 103,3 | 110,8 |
Blick nach vorn: Es wird nicht besser
Im Jahr 2024 sind rund eine Million Menschen in die Rente eingetreten โ der demografische Wandel lรคsst grรผรen. Wenn sich an der aktuellen Lage nichts รคndert, droht sich das Problem der Altersarmut weiter zu verschรคrfen. Die gesetzliche Rentenkasse steht zunehmend unter Druck und immer mehr Menschen laufen Gefahr, im Alter nicht รผber die Runden zu kommen.