Hohe Altersrente statt Grundsicherung? Das machen unsere Nachbarn vor!

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In Deutschland steigt das Renteneintrittsalter stetig, immer mehr Menschen leiden unter Altersarmut und sind auf Grundsicherung angewiesen, um ihren Lebensunterhalt zu decken, es drohen Nullrunden, selbst Vollzeitarbeit schützt nicht vor Leben unter Armutsschwelle. Dabei machen zwei Nachbarländer vor, wie ein solidarisches Rentensystem ohne Altersarmut aussehen könnte.

Grundsicherung im Alter – Deutschland, ein Armutsland

Über eine halbe Million Menschen in Deutschland beziehen Grundsicherung im Alter, aktuell 564.000 – und es werden immer mehr. Die tatsächliche Zahl von Menschen in Altersarmut liegt jedoch deutlich höher. Aufgrund komplizierter Antragsverfahren, aus Scham oder Unwissenheit rufen etwa 60 Prozent der Betroffenen ihre Ansprüche gar nicht ab.

Etwa 6,3 Millionen Menschen droht trotz 45 Arbeitsjahren aufgrund von Niedriglöhnen eine Rente auf Grundsicherungsniveau. Die zahl der Rentner, die bereits auf Grundsicherung angeweisen sind, ist in den letzten zehn Jahren um 36 Prozent gestiegen. Berater des Wirtschaftsministeriums fürchten aufgrund der Boomer-Generationen drastische Finanzierungsprobleme der Rente und fordern noch höhere Renteneintrittsalter. Dabei zeigen Länder wie die Niederlande und Österreich, dass ein anderes und solidarischeres Rentensystem machbar ist.

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Grundrente und 98 Prozent des Bruttogehalts – so funktioniert die niederländische Rente

In den Niederlanden erhalten Rentner im Durschnitt 98 Prozent ihres Bruttogehalts. Es gibt keine Sondersysteme für Selbstständige oder Beamte. Alle zahlen in die selbe Rentenkasse ein. Entsprechend erhalten alle, die zwischen dem 15. und 65. Lebensjahr für 50 Jahre in den Niederlanden gelebt haben, unabhängig davon, ob sie selber eingezahlt haben, ab dem 65. Lebensjahr Anspruch auf eine Grundrente in Höhe von 70 Prozent des Mindestlohns. Damit haben auch Langzeitarbeitslose oder geringfügig Beschäftigte eine angemessene Altersrente.

Aktuell liegt der Satz bei 1.301 Euro für Alleinstehende und 1.779 Euro für Paare – deutlich höher als die deutsche Grundsicherung. Allerdings zahlen die Arbeitnehmer die Rentenbeiträge allein, ohne Arbeitgeberanteil ein.

Hinzu kommt die verpflichtende betriebliche Altersvorsorge, in die abhängig vom Einkommen 50 Prozent vom Arbeitnehmer eingezahlt und am Aktienmarkt angelegt wird. Sie garantiert entsprechende Rentenbezüge. Ein System, das es in Deutschland so fast gar nicht gibt. Das führt unter dem Strich dazu, dass die meisten niederländischen Rentner mehr Altersrente beziehen, als sie monatlich im Berufsleben verdient haben.

Früher und höher – so funktioniert die österreichische Rente

Wie in Deutschland, gibt es in Österreich ein Umlagesystem, die Arbeitnehmer zahlen also die Renten der Senioren. Mit einem nur leicht höheren Beitragssatz sind die österreichischen Renten jedoch höher und das Renteneintrittsalter niedriger als in Deutschland.

Dort zahlen Arbeitnehmer- und geber etwa zu gleichen Anteilen die Rentenbeiträge. Wie in den Niederlanden zahlen auch Selbstständige und Beamte in die allgemeine Rentenkasse ein. So erhalten Rentern jährlich im Durchschnitt 14 Mal 2.214,73 Euro ausgezahlt, da es Weihnachts- und Urlaubsgeld für Renter gibt. Etwa 800 Euro mehr im Monat und zwei Mal öfter als in Deutschland. Schon bei 30 Beitragsjahren liegt die Rente bei 1.114 Euro. Männer gehen regulär mit 65 in Rente, Frauen bereitsim Alter von 60 Jahren.

Ein solidarisches und gleichzeitig stabiles Rentensystem ist also nicht nur denk-, sondern auch machbar. Allerdings sehen die großen Parteien CDU/CSU und SPD offenbar keinen akkuten Handlungsbedarf. Dafür fordert die Linke ein steuerfinanziertes Rentenmodell nach niederländischem Vorbild und die FDP will eine verpflichtende Aktienrente, die allerdings die Gefahr einer steigenden Ungleichheit birgt.

Bild: Brian Jackson / AdobeStock