Wer 45 Jahre Wartezeit für die Rente erreicht hat und zudem eine Schwerbehinderung hat, hat die Wahl zwischen zwei Varianten der frühzeitigen Inanspruchnahme der Rente ohne Abschläge. Zum einen die Altersrente für schwerbehinderte Menschen und zum anderen die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Christian Schultz vom Sozialverband Deutschland erläutert die Unterschiede, Möglichkeiten und strategischen Überlegungen zu diesen Rentenoptionen.
Zwei Wege zur abschlagsfreien Rente
Inhaltsverzeichnis
Zum Erhalt einer abschlagsfreien Rente gibt es zwei primäre Wege: Zum einen durch den Besitz eines aktuellen Schwerbehindertenausweises, zum anderen durch das Erreichen von mindestens 45 Versicherungsjahren in der Deutschen Rentenversicherung. Doch was gilt es zu beachten, wenn man beide Voraussetzungen erfüllt?
Entscheidende Unterschiede
Obwohl man mit beiden Optionen bis zu zwei Jahre früher in Rente gehen kann, ist eine Kombination beider Wege nicht möglich.
Ein wichtiger Unterschied zwischen den Rentenarten liegt in der Möglichkeit, noch früher in den Ruhestand zu treten, so der Sozialrechtsexperte Christian Schultz.
Während man mit der Rente nach 45 Versicherungsjahren ausschließlich ohne Abschlag zwei Jahre früher in Rente gehen kann, bietet die Altersrente für schwerbehinderte Menschen einen wesentlichen Vorteil, wenn man noch früher in den Ruhestand treten möchte.
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Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Diese Rente ermöglicht es, unter bestimmten Bedingungen früher als zwei Jahre vor der regulären Altersgrenze in Rente zu gehen, allerdings mit einem Abschlag, der weniger ins Gewicht fällt als bei der Rente für langjährig Versicherte.
Der Abschlag bei der Schwerbehindertenrente beginnt nicht erst ab der Regelaltersgrenze, sondern kann bereits ab 65 angewendet werden, was bei einem früheren Renteneintritt zu einem geringeren Abschlag führt.
Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte
Diese Variante richtet sich an Personen mit mindestens 45 Versicherungsjahren.
Sie ermöglicht einen Renteneintritt bis zu zwei Jahre vor Erreichen der regulären Altersgrenze ohne Abschläge. Ein früherer Rentenbeginn ist jedoch mit dauerhaften Abschlägen verbunden, die sich deutlich auf die Rentenhöhe auswirken können.
Welche Rente passt zu mir?
Für Betroffene, die die Wahl zwischen beiden Rentenoptionen haben und eine Frühverrentung in Erwägung ziehen, empfiehlt es sich, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Betracht zu ziehen. Besonders wenn ein Renteneintritt mehr als zwei Jahre vor der regulären Altersgrenze angestrebt wird, kann diese Option finanziell vorteilhafter sein.
Falls jedoch ein Renteneintritt nur zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze ohne Abschläge geplant ist, spielt die Wahl zwischen den Rentenarten keine Rolle. In diesem Fall wird automatisch die für den Rentenempfänger günstigste Option gewählt, wie im Paragraphen 89 des Sozialgesetzbuches VI vorgesehen.
Um die Unterschiede zwischen den Rentenoptionen für schwerbehinderte Menschen und besonders langjährig Versicherte zu veranschaulichen, betrachten wir zwei Berechnungsbeispiele.
Diese Beispiele sollen zeigen, wie die Entscheidung für eine der beiden Rentenarten finanzielle Auswirkungen haben kann, insbesondere wenn man einen früheren Renteneintritt in Erwägung zieht.
Beispiel 1: Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Nehmen wir an, Person A ist 63 Jahre alt, schwerbehindert und hat die erforderlichen 35 Versicherungsjahre erreicht. Die reguläre Altersgrenze für Person A wäre 67 Jahre. Person A möchte jedoch mit 63 Jahren in Rente gehen.
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- Reguläres Renteneintrittsalter: 67 Jahre
- Gewünschtes Renteneintrittsalter: 63 Jahre
- Geburtsdatum 15.02.1961
- Rentenbeginn 01.05.2024
- Monatlicher Abschlag: 0,3 % pro Monat (max: 18 Monate)
- Gesamtabschlag: 18 Monate * 0,3 % = 5,4 %
Angenommen, die monatliche Rente von Person A ohne Abschläge würde 1.500 € betragen. Mit den Abschlägen reduziert sich die Rente wie folgt:
- Abschlag in %: 5,4 %
- Abschlag in €: 1.500 € * 5,4 % = 81 €
- Monatliche Rente nach Abschlägen: 1.500 € – 81 € = 1419 €
Der maximale Abschlag bei einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist 10,8 %
Beispiel 2: Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte
Person B ist ebenfalls 63 Jahre alt, hat aber 45 Versicherungsjahre voll und möchte ebenfalls zwei Jahre vor der regulären Altersgrenze in Rente gehen. Da Person B die Voraussetzungen für eine abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte erfüllt, kann sie ohne finanzielle Einbußen zwei Jahre früher in Rente gehen.
- Reguläres Renteneintrittsalter: 67 Jahre
- Gewünschtes Renteneintrittsalter: 65 Jahre (ohne Abschläge möglich)
- Monatliche Rente: 1.500 €
Da Person B die Voraussetzungen für die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren erfüllt, gibt es keinen Abschlag, und sie erhält ab dem Alter von 65 Jahren eine monatliche Rente von 1.500 €.
Zusammenfassung und Vergleich
- Person A (schwerbehindert, Rente mit 63): Erhält eine monatliche Rente von 1338 € nach Abschlägen.
- Person B (45 Versicherungsjahre, Rente mit 65): Erhält eine monatliche Rente von 1.500 € ohne Abschläge.
Die Wahl der passenden Rentenoption ist also eine individuelle Entscheidung, die von verschiedenen Faktoren abhängt.
Es ist wichtig, alle Optionen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, um die beste Entscheidung für die persönliche Situation zu treffen. Die frühzeitige Planung und Informationsbeschaffung spielen dabei eine entscheidende Rolle für einen sorgenfreien Eintritt in den Ruhestand.
Anmerkung der Redaktion (08.04.2024): Wir haben die Berechnung noch einmal angepasst, da sich ein Rechenfehler eingeschlichen hatte.