Pünktlich zu Ostern: Seit gestern gelten die Totalsanktionen im Bürgergeld

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“Pünktlich” vor dem Osterfest hat der Bundesrat die Totalsanktionen im Bürgergeld und die Abschaffung des Bürgergeld-Bonus beschlossen. Demnach gelten die Totalsanktionen ab heute!

Nach der Zustimmung des Bundesrates zum Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 am 22. März 2024 und der darauf folgenden Veröffentlichung der gesetzlichen Änderungen im Bundesgesetzblatt Teil 1 Nr. 107 am 27. März 2024, treten ab dem 28. März 2024 weitreichende Änderungen für Empfänger von Bürgergeld in Kraft.

Was bedeutet das nun?

Das Kernstück der Gesetzesänderung besteht darin, dass Empfängern von Bürgergeld das Existenzminimum gekürzt oder sogar vollständig entzogen werden kann, falls sie zweimal innerhalb von zwölf Monaten ein als zumutbar eingestuftes Jobangebot ablehnen. Diese drastische Maßnahme betrifft ausschließlich den Regelbedarf; Kosten für Unterkunft und Heizung sowie eventuelle Mehrbedarfe bleiben unangetastet.

Eine vollständige Streichung des Regelbedarfs kann nun für zwei Monate erfolgen, wobei als Voraussetzung gilt, dass die Arbeitsaufnahme faktisch möglich und ohne wichtigen Grund verweigert wurde. Gleichzeitig wurde mit diesen Gesetzesänderungen der 75-Euro Bürgergeld-Bonus abgeschafft.

Nur eine Minderheit verweigert alles

Statt auf Anreize zu setzen, wird nunmehr wieder mehr auf Strafen gesetzt, obwohl aktuelle Statistiken belegen, dass nur eine absolute Minderheit “Totalverweigerer” sind.

Richter warnten vor Totalsanktionen

Richter an den Sozialgerichten haben im Vorfeld vor der Verschärfung der Sanktionsregeln gewarnt. Man treibe die Betroffene in Elend und Schulden. Doch getrieben von der Union, AfD und FDP hat die Bundesregierung die Warnungen ignoriert.

Dr. Utz Anhalt: Worauf Bürgergeld-Bezieher nun achten müssen

Umstritten und nicht Verfassungskonform

Die Einführung einer Mindestsanktion von einem Monat Leistungsentzug stellt einen der umstrittensten Aspekte der Gesetzesnovelle dar. Diese Maßnahme steht in einem auffälligen Gegensatz zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), AZ. 1 BvL 7/16 (RdNr. 209), welches in der Vergangenheit betonte, dass der Entzug von Leistungen “eine tatsächlich existenzsichernde Arbeit” voraussetzt.

Darüber hinaus lässt die Gesetzesbegründung vermuten, dass allein das Vorliegen eines Arbeitsangebotes durch das Jobcenter als Nachweis der Arbeitsaufnahmemöglichkeit angesehen wird, was eine bedenkliche Verschiebung der Beweislast zu Lasten der Leistungsempfänger darstellt.

Klagewelle erwartet

Es ist zu erwarten, dass die verschärften Regelungen zu einer steigenden Zahl von Konflikten zwischen Bürgergeldempfängern und Jobcentern führen werden. Die Maßnahme, “jedem Bürgergeldempfänger, der die Bedingungen nicht erfüllt, die Leistungen zu kürzen oder zu entziehen, könnte zu einer Welle von Rechtsstreitigkeiten an den Sozialgerichten führen”, warnt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Widerspruch einlegen und Klage beim Sozialgericht einlegen

Sozialrechtler empfehlen deshalb Betroffenen, gegen Entscheidungen der Jobcenter schnell und entschieden vorzugehen, indem sie rechtlichen Beistand suchen und gegebenenfalls Klage beim Sozialgericht einreichen. Die Chancen stehen aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nicht schlecht.