Gemischte Gefühle bei den Ostdeutschen. 23 Prozent der Ostdeutschen sehen sich als Verlierer
Der Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität machte eine interessante Umfrage in den neuen Bundesländern: Fast zwei Fünftel der Ostdeutschen (38 Prozent) sehen sich als Gewinner der Entwicklung seit 1989 in den neuen Bundesländern, während 30 Prozent von ihnen für sich sowohl Gewinne als auch Verluste sehen. Das zählt zu den Ergebnissen der Studie "20 Jahre friedliche Revolution 1989 bis 2009 – Die Sicht der Bürger der neuen Bundesländer", die der Präsident des Sozial- und Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität Prof. Dr. Gunnar Winkler am Montag in Berlin vorstellte. Danach sehen sich immerhin 23 Prozent der Ostdeutschen als Verlierer der Jahre seit Herbst 1989. Die Studie wurde im Auftrag der Volkssolidarität vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg (SFZ) e.V. erarbeitet und beschäftigt sich mit der Sicht der Bürger in den neuen Bundesländern auf die Entwicklung 20 Jahre nach 1989. Grundlage des Materials ist die jährliche repräsentative Untersuchung des SFZ seit 1990 zur soziale Lage in Ostdeutschland. Für die Studie wurden rund 1.900 Bürger der neuen Länder (inkl. Berlin-Ost) befragt.
Die Erwartungen der Ostdeutschen an die Veränderungen seit 1989 hätten sich aus ihrer Sicht gewissermaßen übererfüllt, betonte Winkler. Das sei besonders in den Bereichen des Konsums, des Wohnens, des Reisens und der Freiheit der Fall. Dagegen werde die soziale Entwicklung der letzten 20 Jahre eher skeptisch bis negativ beurteilt. "Ihre wirtschaftliche Lage bewerteten 2009 nur noch 32 Prozent der Ostdeutschen mit gut. 1999 waren es rund 47 Prozent." Laut Winkler geht über die Hälfte der Befragten davon aus, dass es ihnen in fünf Jahren schlechter gehen wird. "Insbesondere die fortgesetzte Politik der Sozialreformen – mit zum Teil tief greifenden Einschnitten in die Lebenslagen der Bürger – hat dazu geführt, dass die Zufriedenheiten, Hoffnungen und Erwartungen seit 2000 abnehmen."
Das sei mit Ursache dafür, dass viele Ostdeutsche die Einheit immer noch nicht als vollendet ansehen, sagte Winkler. "Vielen Menschen in den neuen Bundesländern fehlt inzwischen der Glaube an das Erreichen gleichwertiger Lebensverhältnisse. Nur jeder fünfte Ostdeutsche (19 Prozent) sieht keine bzw. geringe Unterschiede zwischen Ost und West." Für 53 Prozent gebe es noch große Unterschiede, die erst in Jahrzehnten überwunden seien. "Positive Wertungen geben vor allem Jüngere (27 Prozent), Hochschulabsolventen (22 Prozent) und höhere Einkommensbezieher (32 Prozent) ab. 50- bis 60-Jährige sehen eher zunehmende bzw. unüberwindbare Unterschiede (34 Prozent) ebenso wie Arbeitslose (51 Prozent). Ursache sei das "Fehlen von Möglichkeiten, die Angleichung an westliche Lebensverhältnisse durch eigenes Handeln erreichen zu können", so Winkler.
Demokratie spielt der Studie zufolge für die Ostdeutschen eine wichtige Rolle. 67 Prozent halten sie für sehr wichtig bzw. wichtig und nur zehn Prozent für weniger wichtig bzw. unwichtig. Doch zugleich sind nur elf Prozent der Ostdeutschen zufrieden mit der Demokratie und knapp sieben Prozent zufrieden mit ihrem politischen Einfluss. Winkler wies darauf hin, dass die Mehrheit in Ostdeutschland sich noch nicht hinreichend als Bundesbürger integriert sieht. "Es ist nicht vorrangig ein verklärender ‘Rückblick’, der die Haltung zur Bundesrepublik beeinflusst, sondern die gegenwärtige wirtschaftliche Situation und der damit verbundene soziale Status sowie geringe Zukunftserwartungen." (20.07.2009)
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