Ortsabwesenheit in Hartz IV – das wird das Jobcenter nicht erklären

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Ein Leistungsbeziehender in Hartz IV hat die Pflicht, für das Jobcenter erreichbar zu sein und muss daher ortsanwesend sein. Aber was bedeutet das eigentlich? Und wen betrifft das eigentlich? Hier ein paar Erklärungen, die man so vom Amt eher nicht bekommt.

Erreichbarkeitsanordnung

Die Pflicht zur Ortsanwesenheit richtet sich nach der Erreichbarkeitsanordnung.

Die “EAO” besagt, dass ein Erwerbsloser werktäglich (Mo-Fr) postalisch erreichbar sein muss und Termine beim Jobcenter oder Vorstellungsgespräche wahrnehmen können muss.

Wochenende

Werktäglich “postalisch erreichbar” heißt, dass man Mo-Fr in der Lage sein muss, Briefe zu empfangen und zu lesen.

Das muss aber nicht zuhause sein, es ist auch möglich, dem Amt zu sagen, dass es Post an eine andere Adresse senden soll.

Am Freitag nach Empfang der Post bis Sonntagabend weg zu sein, ist keine Ortsabwesenheit, bei längerer Abwesenheit werden die Tage aber mitgerechnet.

Hintergrund: Werktage sind eigentlich Mo-Sa, aber §1 Abs1 S3 EAO lässt die Pflicht zur Erreichbarkeit am Samstag entfallen.

§1 Abs1 EAO Abrufbar unter: http://widerspruch-sozialberatung.de/PDF/Baustelle/Erreichbarkeits-Anordnung%20-%20EAO.pdf

Räumliche Anwesenheit

In der Lage zu sein Termine wahrzunehmen bedeutet, dass man sich nicht zu weit weg von der Wohnadresse aufhalten muss. Die Rechtssprechung sagt, dass dies noch der Fall ist, wenn man in 1 1/4 Stunden in den Zuständigkeitsbereich des Amtes zurückkehren kann.

Beispiel

3 Wochen bei Verwandten die mit dem Zug 1 Stunde entfernt wohnen zu verbringen, ist keine Ortsabwesenheit, wenn man dem Jobcenter vorher mitteilt, dass die Post dort hin gehen soll.
(Adresse mit c/o)

Fachliche Weisung zu §7 SGB II – Randnummer 7.138
Abrufbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015897.pdf

Für wen gilt denn die Erreichbarkeitsanordnung überhaupt?

Ich beantworte es mal anders herum… für wen gilt die Erreichbarkeitsanordnung nicht:
1.Für diejenigen, die der Vermittlung nicht zur Verfügung stehen.
– Kinder unter 15, Schüler und Studenten- das betreuende Elternteil mit Kind unter 3 Jahren
– Erwerbsunfähige

2. Erwerbstätig Aufstocker, die sozialversicherungspflichtig arbeiten.
Die Aufstocker informieren das JC nur noch.

Fachliche Weisungen zu §7 SGB II – Randnummer 7.124
Abrufbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015897.pdf

Konsequenzen, für diejenigen für die die Erreichbarkeitsanordnung nicht gilt:
– Sie können nicht unerlaubt Ortsabwesend sein, da sie keine Zustimmung benötigen.
– Sie können also wegfahren, informieren das Jobcenter und das war es… sie müssen die Abwesenheit nicht genehmigen lassen.

Erlaubte Ortsabwesenheit

Auch diejenigen, die der EAO unterliegen, haben aber die Möglichkeit ortsabwesend (also für das JC unerreichbar) zu sein. Sie brauchen aber eine Zustimmung des Amtes (§7 Abs 4a SGB II).

Das Jobcenter soll der Ortsabwesenheit zustimmen wenn es sich um eine Abwesenheit aus medizinischen oder beruflichen Gründen handelt, ein Ehrenamt ausgeübt wird oder eine kirchliche, gewerkschaftliche oder politische Veranstaltung besucht wird.

Zusätzlich kann grundlos das Jobcenter die Zustimmung zur Ortsabwesenheit (im Sinne der Unerreichbarkeit) für bis zu 21 Tage im Jahr geben.

Abwesenheiten von Freitagmittag – Sonntagabend werden bei Umgang nicht mitgerechnet und müssen nicht mitgeteilt werden.

Fachliche Weisung zu §7 SGB II – Randnummer 7.130
Abrufbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015897.pdf

Rechtsgrundlagen

Erreichbarkeitsanordnung
http://widerspruch-sozialberatung.de/PDF/Baustelle/Erreichbarkeitsanordnung%2026-9-2008.pdf

§77 Abs1 SGB II, der bestimmt dass §7 Abs4a SGB II in einer Altfassung gilt, die dann auf die EAO verweist.

§10 SGB II – Zumutbarkeit

Fachliche Weisungen zu §7 SGB II
https://arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015897.pdf

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