Schwerbehinderung: Förderprogramm gestrichen – Barrierefreies Wohnen wird für viele unerreichbar

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Ab 2025 stellt der Freistaat Sachsen die Förderung für barrierefreie Wohnraumanpassungen ein. Betroffene stehen vor gravierenden Problemen – und das Vertrauen in politische Versprechen bröckelt.

Förderstopp trifft vulnerable Gruppen hart

Die sächsische Staatsregierung hat Anfang Mai endgültig beschlossen, das Förderprogramm für barrierefreies Wohnen nicht fortzuführen. Damit endet eine zentrale Unterstützung für Menschen, die auf den Umbau ihrer Wohnungen angewiesen sind. Rampen, breitere Türen oder barrierefreie Badezimmer: All das wird ab 2025 ohne Landeszuschüsse deutlich schwerer finanzierbar.

Die Entscheidung erfolgte überraschend schnell. Nachdem erste Hinweise im Haushaltsentwurf 2025/2026 aufgetaucht waren, hofften viele Betroffene noch auf einen Kurswechsel. Diese Hoffnung ist nun endgültig enttäuscht.

Für tausende Menschen mit Behinderungen und ältere Bürgerinnen und Bürger bedeutet dies: notwendige Anpassungen müssen künftig vollständig privat finanziert oder über andere, oft schwerer zugängliche Programme gestemmt werden.

Langfristige Unsicherheit für Betroffene

Was viele besonders beunruhigt: Die Erfahrung zeigt, dass eingestellte Förderprogramme selten wieder eingeführt werden. Damit fehlt nicht nur kurzfristig Unterstützung – auch langfristige Planungen werden nahezu unmöglich.

Gerade Familien, die barrierefreien Wohnraum für Angehörige schaffen wollen, geraten in ein Dilemma. Ohne finanzielle Hilfe steigen die Kosten erheblich, während geeignete Alternativen fehlen. Die Folge: Selbstbestimmtes Wohnen im eigenen Zuhause wird für viele zur unrealistischen Option.

Politische Versprechen kontra Haushaltsrealität

Der Förderstopp widerspricht offen den Zielen der Regierungskoalition. Im aktuellen Koalitionsvertrag hatten CDU, SPD und Grüne noch betont, barrierefreies Bauen und Umbauen verstärkt fördern zu wollen.

Die Haushaltsentscheidung konterkariert diese Ankündigungen. Haushaltszwänge scheinen damit Vorrang vor langfristigen sozialen Verpflichtungen zu erhalten. Dies wirft die Frage auf: Wie verlässlich sind politische Zusagen in Sachsen?

Verbraucherschützer und Behindertenverbände kritisieren, dass die Staatsregierung mit dieser Entscheidung das Vertrauen in ihre Sozialpolitik nachhaltig beschädige.

Wachsende Nachfrage nach barrierefreiem Wohnraum

Der Bedarf an barrierefreien Wohnungen wird in Sachsen in den nächsten Jahren weiter steigen. Der demografische Wandel bringt eine wachsende Zahl älterer Menschen hervor, die auf angepasste Wohnverhältnisse angewiesen sind.

Eine Studie aus dem Jahr 2015 bezifferte den damaligen Fehlbestand an barrierefreien Wohnungen auf 74.000 Einheiten. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2030 weitere 3.000 Wohnungen zusätzlich benötigt werden. Diese Entwicklung lässt keinen Zweifel daran, dass die Nachfrage steigt – und die Entscheidung zum Förderstopp diese Herausforderung verschärft.

Wohnraumanpassung spart langfristig Kosten

Wohnungsumbauten ermöglichen nicht nur ein selbstbestimmtes Leben. Sie sind auch ökonomisch sinnvoll. Bleiben Menschen länger selbstständig in ihrer Wohnung, sinken die Kosten für stationäre Pflege erheblich.

Finanzexperten weisen darauf hin: Jeder investierte Euro in barrierefreies Wohnen kann spätere Sozialausgaben mindern. In Zeiten knapper Kassen scheint der Wegfall der Förderung daher auch aus haushaltspolitischer Sicht kurzsichtig.

Erfolgreiches Programm wird beendet

Seit der Einführung des Programms vor sieben Jahren konnten allein im ehemaligen Regierungsbezirk Dresden über 5.000 Wohnungen barrierefrei umgebaut werden. Landesweit liegt die Zahl der unterstützten Maßnahmen bei mehr als 10.000.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen (LAG SH), die Betroffene beratend unterstützte, spricht von einem wichtigen Baustein für Inklusion und Teilhabe. Dass ein funktionierendes Programm jetzt endet, verstehen viele als herben Rückschritt.

Alternative Fördermöglichkeiten: Nur ein schwacher Trost

Wer ab 2025 Umbauten plant, muss auf alternative Quellen zurückgreifen. Möglich sind etwa:

  • Zuschüsse der Pflegekasse (bei anerkanntem Pflegegrad)
  • KfWProgramme für altersgerechtes Umbauen
  • Einzelne kommunale Hilfsfonds (regional unterschiedlich)

Doch diese Optionen haben oft hohe Zugangshürden, sind bürokratisch komplex oder decken nur bestimmte Maßnahmen ab. Betroffene müssen sich nun intensiver beraten lassen und viel Eigeninitiative zeigen.

Beratungsstellen gewinnen an Bedeutung

Organisationen wie die LAG SH oder die Verbraucherzentralen werden in den kommenden Monaten eine wichtige Rolle spielen. Sie helfen, passende Finanzierungswege zu finden und Anträge korrekt zu stellen.

Dennoch bleibt der Wegfall der direkten Landesförderung ein schwerer Schlag. Insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen oder ohne familiäre Unterstützung wird der Zugang zu barrierefreiem Wohnraum spürbar schwieriger.