Die dritte Stufe der Mütterrente kommt – und sie betrifft nicht nur künftige Rentnerinnen und Rentner, sondern auch alle, die schon heute eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente beziehen.
Durch die geplante Mütterrente III sollen Eltern mit vor 1992 geborenen Kindern endlich so gestellt werden wie Eltern jüngerer Jahrgänge. Für viele Bestandsrentner bedeutet das: ein dauerhaftes, dynamisches Plus im Portemonnaie – wenn auch mit einigen Einschränkungen und offenen Fragen beim Zeitplan.
Was hinter der Mütterrente steckt
Die sogenannte Mütterrente ist keine eigene Rentenart, sondern ein Zuschlag innerhalb der gesetzlichen Rente. Gemeint ist eine verbesserte Anerkennung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder. Diese Zeiten werden wie Pflichtbeitragsjahre behandelt und erhöhen die spätere Rente – ähnlich wie Jahre einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
Kindererziehungszeiten werden grundsätzlich einem Elternteil zugeordnet, in der Regel zunächst der Mutter. Sie können aber per Erklärung auch auf den Vater übertragen oder zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Somit können auch Väter und andere Erziehende von der Mütterrente profitieren, wenn ihnen die Kindererziehungszeiten gutgeschrieben sind.
Von Mütterrente I und II zur Mütterrente III
Die heute diskutierte Mütterrente III baut auf zwei früheren Reformschritten auf: Bis Mitte 2014 wurden für vor 1992 geborene Kinder in der gesetzlichen Rente nur bis zu 12 Monate Kindererziehungszeit anerkannt. Mit der Mütterrente I, in Kraft seit 1. Juli 2014, wurde dieser Zeitraum auf bis zu 24 Monate ausgeweitet.
Zum 1. Januar 2019 folgte die Mütterrente II, die die Anerkennung auf bis zu 30 Monate je vor 1992 geborenem Kind erhöhte.
Für ab 1992 geborene Kinder gelten dagegen seit langem bis zu 36 Monate Kindererziehungszeit. Das führte dazu, dass die Erziehungsleistung älterer Jahrgänge rentenrechtlich schlechter bewertet wurde. Genau diese Ungleichbehandlung nimmt die Mütterrente 3 nun ins Visier: Geplant ist, dass auch für vor 1992 geborene Kinder künftig bis zu 36 Monate berücksichtigt werden.
Was sich mit der Mütterrente 3 konkret ändert
Die Mütterrente III ergänzt die bisher 30 Monate Kindererziehungszeit um weitere sechs Monate pro vor 1992 geborenem Kind. Sechs Monate Kindererziehungszeit entsprechen einem halben Rentenpunkt. Damit würden pro Kind insgesamt drei Rentenpunkte erreicht – genauso wie bei nach 1991 geborenen Kindern.
Der Wert eines Rentenpunktes liegt seit 1. Juli 2025 bundesweit bei 40,79 Euro im Monat. Ein halber Punkt bedeutet damit aktuell rund 20,40 Euro zusätzlich pro Kind und Monat. Eine Mutter oder ein Vater mit zwei Kindern könnte also rechnerisch gut 40 Euro im Monat mehr Rente erhalten, bei drei Kindern wären es etwa 60 Euro monatlich.
Wichtig ist: Der Rentenwert verändert sich jedes Jahr mit der Rentenanpassung zum 1. Juli. Der tatsächliche Euro-Betrag, den ein halber zusätzlicher Rentenpunkt bei Inkrafttreten der Mütterrente 3 wert ist, hängt deshalb vom Rentenniveau der kommenden Jahre ab.
Bestandsrentner: Wer profitiert von der Reform?
Nach den bisherigen Plänen soll die Mütterrente III alle Eltern erfassen, für die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder im Rentenkonto gespeichert sind – unabhängig davon, ob sie bereits eine Rente beziehen oder erst künftig in den Ruhestand gehen.
Bestandsrentner, also diejenigen, die schon heute eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente erhalten, werden nicht schlechtergestellt. Ihre Renten sollen rückwirkend neu berechnet und der zusätzliche halbe Rentenpunkt je Kind aufgeschlagen werden. Die Deutsche Rentenversicherung geht davon aus, dass rund zehn Millionen Rentnerinnen und Rentner von der Reform profitieren könnten.
Entscheidend ist, dass die Kindererziehungszeiten im Versicherungskonto bereits gespeichert sind. Wer seine Erziehungszeiten damals korrekt gemeldet hat – etwa im Rahmen der Kontenklärung oder bei Rentenantragstellung –, muss nicht befürchten, übersehen zu werden.
Automatisch mehr Rente – meist ohne Antrag
Für Bestandsrentner sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Umsetzung weitgehend automatisch erfolgt. Die Rentenversicherung soll die vorhandenen Rentenbescheide prüfen und die fehlenden sechs Monate Kindererziehungszeit je vor 1992 geborenem Kind hinzufügen. Eine Antragspflicht ist ausdrücklich nicht vorgesehen.
Nur in Ausnahmefällen – etwa wenn Kindererziehungszeiten bisher gar nicht gespeichert wurden – kann es notwendig sein, selbst aktiv zu werden und eine Kontenklärung anzustoßen. Für die Masse der Betroffenen ist aber vorgesehen, dass der Zuschlag automatisch im Rahmen von Massenläufen berechnet und später rückwirkend ausgezahlt wird.
Die Mütterrente wird weiterhin als Bestandteil der regulären Monatsrente ausgezahlt. Es gibt also keinen separaten „Mütterrenten-Bescheid“, sondern einen entsprechend erhöhten Rentenbetrag.
Wie viel Plus ist realistisch? Rechenbeispiele
Zur Orientierung lassen sich einige typische Konstellationen betrachten. Ausgehend vom heutigen Rentenwert von 40,79 Euro pro Punkt ergäbe sich für Bestandsrentner bei vollständiger Anrechnung des zusätzlichen halben Rentenpunktes pro Kind:
Eine Mutter mit einem vor 1992 geborenen Kind erhält langfristig rund 20 Euro monatlich mehr Rente. Wer zwei Kinder großgezogen hat, kann mit einem Plus von etwa 40 Euro rechnen.
Bei drei Kindern steigt die Rente um ungefähr 60 Euro pro Monat. Je nach Rentenbiografie und bereits vorhandenen Zuschlägen kann das individuelle Ergebnis leicht abweichen. Zu beachten ist außerdem, dass es sich um Bruttowerte handelt. Auf die erhöhte Rente können Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie gegebenenfalls Steuern anfallen.
Tabelle: So erhöht die Mütterrente 3 die Rente
| Vor 1992 geborene Kinder (mit Kindererziehungszeiten im Rentenkonto) |
Zusätzliche monatliche Bruttorente durch Mütterrente 3* |
|---|---|
| 0 | kein Zuschlag |
| 1 Kind | ca. 20,40 € pro Monat |
| 2 Kinder | ca. 40,80 € pro Monat |
| 3 Kinder | ca. 61,20 € pro Monat |
| 4 Kinder | ca. 81,60 € pro Monat |
| 5 Kinder | ca. 102,00 € pro Monat |
*Rechenbeispiele auf Basis des aktuellen Rentenwerts von 40,79 € pro Entgeltpunkt (Stand 1. Juli 2025). Die Erhöhung wird zur bereits laufenden Rente hinzugerechnet und unterliegt wie die übrige Rente den Abzügen für Kranken- und Pflegeversicherung sowie ggf. der Besteuerung.
Zeitplan: Wann kommt das mehr an Rente tatsächlich an?
Die Mütterrente 3 Teil des sogenannten Rentenpakets werden. Die Bundesregierung hat am 6. August 2025 den Gesetzentwurf „zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten“ beschlossen. Das Paket sieht vor, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent zu halten und gleichzeitig die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder vollständig anzugleichen.
Nach den aktuellen Plänen soll die Mütterrente III zum 1. Januar 2027 in Kraft treten. Die technische Umsetzung in der Rentenversicherung ist allerdings aufwendig. Laut Bundesregierung und Deutscher Rentenversicherung können die Systeme frühestens zum 1. Januar 2028 flächendeckend angepasst werden. Die in 2027 entstandenen Ansprüche sollen deshalb rückwirkend nachgezahlt werden.
Für Bestandsrentner bedeutet das: Sie erwerben ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens den Anspruch auf höhere Rentenleistungen. Auf dem Konto sichtbar wird das Plus wahrscheinlich erst, wenn die technische Umstellung erfolgt ist. Dann werden die neuen Beträge ausgezahlt und rückwirkend nachgezahlt, soweit das Gesetz dies vorsieht.
Noch ist das parlamentarische Verfahren nicht vollständig abgeschlossen. Der Bundestag berät den Gesetzentwurf, die Verabschiedung ist für Ende 2025 vorgesehen. Änderungen im Detail sind bis zum endgültigen Beschluss möglich.
Auswirkungen auf Grundsicherung, Wohngeld und Witwenrenten
Die Mütterrente III wird nicht als separate Sozialleistung, sondern als Teil der gesetzlichen Rente gezahlt. Damit zählt sie bei vielen einkommensabhängigen Leistungen als Einkommen und kann dort angerechnet werden.
Für Bezieher von Grundsicherung im Alter oder ergänzendem Bürgergeld kann das bedeuten, dass die höhere Rente zu einer Kürzung oder einem Wegfall der ergänzenden Leistung führt. Im Extremfall steigt die Rente, während die Grundsicherung entsprechend sinkt, sodass unter dem Strich kaum oder gar kein Plus übrig bleibt.
Ähnliches gilt für Wohngeld oder andere einkommensabhängige Leistungen. Auch hier wird die gesamte Bruttopension als Einkommen berücksichtigt.
Bei Witwen- und Witwerrenten fließt die Mütterrente III ebenfalls in die Berechnung ein, sofern sie als Teil einer eigenen Rente (etwa einer Altersrente der Witwe) enthalten ist. Dadurch kann sich sowohl die eigene Rente als auch die Hinterbliebenenrente verändern. Die Deutsche Rentenversicherung weist ausdrücklich darauf hin, dass die Mütterrente III in diesen Fällen angerechnet werden kann.
Trotz solcher Anrechnungseffekte bleibt die rentenrechtliche Aufwertung der Erziehungsleistung bestehen. Für viele Betroffene ist das auch eine Frage der Anerkennung und nicht nur des monetären Ergebnisses.
Finanzierung und Streit über die Gerechtigkeit
Die Mütterrente III ist umstritten – nicht wegen des Ziels, Erziehungsleistung besser anzuerkennen, sondern wegen der Kostenverteilung. Nach den Berechnungen der Bundesregierung und der Deutschen Rentenversicherung verursacht die neue Stufe der Mütterrente jährliche Mehrkosten von etwa fünf Milliarden Euro.
Diese Ausgaben sollen – anders als bei Mütterrente I und II – vollständig aus Steuermitteln finanziert werden.
Der Bund erhöht dazu seinen Zuschuss an die Rentenversicherung. Ökonomen weisen allerdings darauf hin, dass diese Belastung letztlich den Bundeshaushalt und damit die Steuerzahler trifft. Langfristige Studien rechnen damit, dass sich die Kosten des gesamten Rentenpakets 2025, also Rentenniveau-Stabilisierung und Mütterrente III, bis 2050 auf mehrere Hundert Milliarden Euro summieren.
Arbeitgeberverbände und einige Wissenschaftler warnen vor einer zu starken Belastung der jüngeren Generationen. Sie kritisieren, dass zusätzliche Leistungen vor allem älteren Jahrgängen zugutekommen, während die Beitrags- und Steuerzahler von heute die Rechnung tragen.
Befürworter halten dagegen, dass Eltern durch Kindererziehung erheblich zur Stabilität der gesetzlichen Rente beitragen. Ohne nachwachsende Generation gäbe es keine Beitragszahler von morgen. Eine gerechtere rentenrechtliche Bewertung der Erziehungsjahre sei deshalb folgerichtig – gerade für Frauen, die in früheren Jahrzehnten oft lange aus dem Beruf ausgeschieden sind und deshalb heute vergleichsweise niedrige Renten beziehen.
Was Bestandsrentner jetzt tun sollten
Auch wenn die Mütterrente 3 vor allem automatisch umgesetzt werden soll, können Betroffene einiges vorbereiten. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, das eigene Rentenkonto im Blick zu behalten und zu prüfen, ob alle Kindererziehungszeiten vollständig erfasst sind. Wer unsicher ist oder bisher keine Kontenklärung durchgeführt hat, kann eine Beratung in Anspruch nehmen und gegebenenfalls fehlende Zeiten nachmelden.
Im Augenblick bittet die Rentenversicherung allerdings ausdrücklich darum, von massenhaften Anfragen zur Mütterrente III abzusehen, solange das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Konkrete Auskünfte lassen sich erst erteilen, wenn das Gesetz tatsächlich beschlossen ist und die technischen Details der Umsetzung feststehen.
Bestandsrentner sollten deshalb vor allem zwei Dinge beachten: Zum einen ist es sinnvoll, die eigenen Unterlagen – Rentenbescheide, Versicherungsverläufe, Geburtsurkunden der Kinder – geordnet bereitliegen zu haben. Zum anderen lohnt es sich, die weitere politische Entwicklung zu verfolgen. Offizielle Informationen veröffentlicht in der Regel zuerst die Deutsche Rentenversicherung auf ihrer Internetseite sowie in Broschüren und Kundenmagazinen.
Fazit: Späte Anerkennung
Die Mütterrente 3 ist ein großer Schritt hin zu einer einheitlichen Behandlung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für Millionen Eltern mit vor 1992 geborenen Kindern, insbesondere für Bestandsrentnerinnen mit niedrigen Renten, bedeutet die Reform ein spürbares, lebenslanges Plus. Die Gleichstellung mit Eltern jüngerer Jahrgänge beseitigt eine als ungerecht empfundene Lücke im Rentenrecht.
Gleichzeitig bleibt die Frage der Finanzierung umstritten. Die zusätzlichen Milliarden belasten den Bundeshaushalt, und bei einkommensabhängigen Sozialleistungen relativiert sich der finanzielle Vorteil für manche Betroffene. Zudem werden die höheren Renten vieler Bestandsrentner erst mit Verzögerung ankommen, weil die technische Umsetzung Zeit braucht.
Für die Betroffenen überwiegt dennoch meist der positive Effekt: mehr Rente im Alter, eine bessere Anerkennung der geleisteten Erziehungsarbeit und das Gefühl, nach Jahrzehnten ein Stück gerechter behandelt zu werden.
Wer bereits in Rente ist, muss nach heutigem Stand in der Regel nichts unternehmen – sollte aber darauf achten, dass seine Kindererziehungszeiten korrekt im Rentenkonto erfasst sind und die offiziellen Informationen zur Mütterrente 3 aufmerksam verfolgen.




