Krankengeld: MDK der Krankenkassen stoppt oft Weiterzahlung

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Krankenkassen verweigern Betroffenen oft die Fortzahlung von Krankengeld, oft unter Berufung auf Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Doch wie rechtskonform ist ein solches Vorgehen? Welche Rechte haben Krankengeld-Berechtigte, und wie kรถnnen sie sich wehren?

Darf die Krankenkasse das Krankengeld einfach einstellen?

Grundsรคtzlich darf eine Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld nur einstellen, wenn dafรผr eine rechtliche Grundlage besteht.

In einem aktuellem Fall wurde dies mit einem MDK-Gutachten begrรผndet, das auf Aktenlage erstellt wurde โ€“ ohne vorherige Anhรถrung des Betroffenen oder Rรผcksprache mit dem behandelnden Arzt. Dies widerspricht jedoch geltendem Sozialrecht, sagt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Laut dem hessischen Landessozialgericht ist es nรคmlich unzulรคssig, eine solche Entscheidung allein auf Basis einer Aktenlage zu treffen, ohne den Versicherten anzuhรถren.

Noch klarer wird diese Verpflichtung in einem Rundschreiben des Bundesversicherungsamts. Darin wird explizit festgehalten, dass Versicherte vor einer Entscheidung ausreichend Zeit bekommen mรผssen, um Stellung zu nehmen.

“AuรŸerdem hat ein Widerspruch aufschiebende Wirkung, was bedeutet, dass die Krankenkasse die Zahlung nicht sofort einstellen darf”, mahnt der Experte.

Wie sollten Betroffene reagieren, wenn die Krankenkasse nicht mehr zahlt?

Der erste Schritt in einer solchen Situation sollte der Widerspruch gegen den Bescheid der Krankenkasse. Dieser muss schriftlich erfolgen und sollte zumindest kurz begrรผnden, warum die Entscheidung unzulรคssig erscheint. Es reicht in der Regel aus, auf das Fehlen einer Anhรถrung oder die fehlende Rรผcksprache mit dem behandelnden Arzt hinzuweisen.

Zusรคtzlich ist es wichtig, die eigene Arbeitsunfรคhigkeit weiterhin รคrztlich dokumentieren zu lassen.

Der behandelnde Arzt sollte dem Versicherten eine ausfรผhrliche Stellungnahme ausstellen, die die medizinische Notwendigkeit einer fortgesetzten Arbeitsunfรคhigkeit belegt. “Dies ist insbesondere wichtig, um die Argumentation gegenรผber der Krankenkasse zu untermauern”, so Anhalt.

Betroffene sollten auรŸerdem darauf achten, dass sie ihre Rechte kennen. Eine Krankenkasse darf Versicherte nicht ohne Weiteres an andere Sozialleistungstrรคger wie die Arbeitsagentur verweisen, nur weil dies wirtschaftlich vorteilhafter fรผr sie ist. Die Zahlung von Krankengeld ist ein gesetzlich geregelter Anspruch, der nicht willkรผrlich verweigert werden darf.

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Warum handeln Krankenkassen so?

Die wirtschaftlichen Interessen der Krankenkassen spielen bei solchen Entscheidungen eine zentrale Rolle. Krankengeldzahlungen belasten die Kassen finanziell, besonders wenn ein Versicherter langfristig arbeitsunfรคhig bleibt.

In vielen Fรคllen versuchen Krankenkassen daher, Betroffene in andere Systeme wie die Erwerbsminderungsrente oder das Arbeitslosengeld zu drรคngen. Dies kann fรผr den Versicherten jedoch erhebliche Nachteile bedeuten, da diese Leistungen oft mit niedrigeren Zahlungen verbunden sind oder den Weg zurรผck ins Erwerbsleben erschweren.

Das Verhalten der Krankenkassen mag aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar sein, ist jedoch rechtlich und ethisch fragwรผrdig. Versicherte haben das Recht, auf Grundlage klarer medizinischer Fakten behandelt zu werden, und nicht nach den finanziellen Interessen der Krankenkassen.

Medizinischen Dienst agiert im Sinne der Krankenkassen

Der MDK erstellt im Auftrag der Krankenkassen Gutachten, die oft ausschlaggebend fรผr die Entscheidung sind, ob Krankengeld weitergezahlt wird oder nicht.

Kritisch ist, dass “diese Gutachten hรคufig nach Aktenlage erstellt werden, ohne dass der MDK den Versicherten persรถnlich untersucht oder den behandelnden Arzt befragt”, so Anhalt. Dies fรผhrt dazu, dass die tatsรคchliche gesundheitliche Situation des Versicherten nicht immer korrekt eingeschรคtzt wird.

Im vorliegenden Fall hat der MDK offenbar eine “Spontanheilung” des Betroffenen angenommen โ€“ eine Einschรคtzung, die weder durch eine persรถnliche Untersuchung noch durch Rรผcksprache mit dem behandelnden Arzt gestรผtzt wurde. Solche Entscheidungen wirken auf AuรŸenstehende oft willkรผrlich und untergraben das Vertrauen in die Neutralitรคt des MDK.

Welche Konsequenzen hat ein Widerspruch?

Der Widerspruch gegen einen Bescheid zur Einstellung des Krankengeldes hat in der Regel aufschiebende Wirkung.

Das bedeutet, dass die Krankenkasse die Zahlung zunรคchst fortsetzen muss, bis รผber den Widerspruch entschieden wurde. Dies gibt Betroffenen die notwendige Zeit, um medizinische Nachweise und juristische Unterstรผtzung einzuholen.

Sollte die Krankenkasse den Widerspruch ablehnen, bleibt den Versicherten der Klageweg. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass eine Klage in der Regel keine aufschiebende Wirkung mehr hat.

Betroffene mรผssen dann gegebenenfalls Leistungen bei der Arbeitsagentur beantragen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Dies unterstreicht die Bedeutung einer fundierten Argumentation im Widerspruchsverfahren.

Im beschriebenen Fall konnte ein Widerspruch helfen und dazu fรผhren, dass das Krankengeld weitergezahlt werden musste. ย Ein frรผhzeitiger Widerspruch, eine gute medizinische Dokumentation und juristischer Beistand kรถnnen ย helfen, den Anspruch auf Krankengeld durchzusetzen.