Keine sichere Rente bei 40 Jahren Mindestlohn dank Hartz IV

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Im Rahmen der derzeitigen Hartz IV-Debatte meldet sich nun auch Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung (kurz: DIW), zu Wort. Seiner Meinung nach, treffe diese Diskussion nämlich nicht den eigentlichen Kern des Problems unserer Sozialsysteme.

Die Debatte um Hartz IV eskaliert derzeit mal wieder und der DIW-Chef betont, dass man die Reformen nur allzu gern als Ursache für steigende Armut, zunehmende Ungleichheit und soziale Polarisierung sehe. In Fratzschers Augen werde Hartz IV allerdings als Sündenbock für Probleme missbraucht, deren Ursprung woanders liege und die Andere zu verantworten haben. Er wirft ein, dass Niedriglöhner derzeit nur unmittelbar mehr verdienen, als Hartz IV-Bezieher.

Unterstützung statt Bestrafung

Vielmehr solle sich die Politik auf die Frage konzentrieren, wie sich Arbeit allgemein wieder mehr für Menschen lohnen würde und die Sozialsysteme in den derzeit wirtschaftlich starken Jahren zukunftsfest gemacht werden können. Es seien durchaus einige gute Verbesserungsvorschläge genannt worden. Höhere Hartz IV-Sätze ohne Sanktionen, ein Garantiesystem statt Grundsicherung oder der Vorschlag, dass das Arbeitslosengeld so lange gezahlt werden müsse, wie sich jemand in Qualifizierung oder Fortbildung befinde, wären laut Fratzscher sehr großzügige Veränderungen. Das Prinzip der Unterstützung müsse an Stelle des Prinzips der Bestrafung in den Mittelpunkt der Sozialsysteme rücken. Man brauche einen Mentalitätswechsel hin zum Verständnis, dass Menschen nicht aus Faulheit nicht arbeiten, sondern es aus gesundheitlichen Gründen nicht können, beziehungsweise ihre Qualifikationen nicht zum gesuchten Job passen.

Anstieg der Niedriglöhner                                                     

Nach Fratzschers Sichtweise, bedarf es demnach nicht nur einer Reform von Hartz IV, sondern einer Reform der Sozialsysteme. Denn viele Menschen, die von Armut betroffen sind, leben sehr wohl in Haushalten, in denen gearbeitet wird. Das Einkommen reicht allerdings nicht zum Leben aus. In den vergangenen 20 Jahren ist der Niedriglohnbereich stark angestiegen. Heute arbeiten rund 20 Prozent aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu niedrigen Löhnen und das häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Selbst wenn man über 40 Jahre lang Vollzeit für Mindestlohn arbeite, würde man im Alter auf den Staat angewiesen sein. Zudem kommt, dass über 2 Millionen Menschen auf Mindestlohnbasis arbeiten, diesen aber gar nicht ausgezahlt bekommen, weil er vom Arbeitgeber umgangen werde.

Niedriglöhner haben fast so wenig wie Hartz IV-Bezieher

Häufig arbeiten viele Menschen auch nur Teilzeit, weil ihr Arbeitgeber dies vorzieht und nicht, weil es sie es so möchten. Trotz allem ist es für diejenigen oft erstrebenswerter, als gar nicht zu arbeiten, obwohl am Ende häufig weniger Geld für sie rumkommt, als sie zum Leben benötigen. Offensichtlich beherbergt das Sozialsystem noch einige weitere Problemstellen. Dennoch sollte der Einwand, dass Niedriglöhner fast genau so wenig Geld zur Verfügung haben, wie Hartz IV-Bezieher, nicht nur Erschrecken über niedrigen Lohn erwecken, sondern auch darüber, wie wenig Geld Hartz IV-Beziehern tatsächlich zur Verfügung steht. Armut trotz Arbeit und Einkommen ist auf jeden Fall kritisch zu betrachten. Aber wie soll es dann denen gehen, die aus verschiedenen Gründen gar nicht arbeiten können und deshalb auf Hartz IV angewiesen sind?

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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