Der Verein Sanktionsfrei berichtet aktuell über einen Fall von verantwortungslosem Handeln eines Jobcenters. Eine 31-jährige querschnittsgelähmte Hartz IV Bezieherin benötigte dringend eine neuen Wohnung. Hilfegesuche beim zuständigen Jobcenter blieben unbeantworet. Fast wäre die Betroffene in die Obdachlosigkeit getrieben worden.
Wohnungsmarkt vor allem für behinderte Menschen angespannt
Der Wohnungsmarkt, vor allem in den unteren und mittleren Segmenten, ist in vielen Regionen Deutschlands derart leergefegt, so dass es kaum möglich ist, eine neue Wohnung zu finden.
Die expliziten Vorgaben der Leistungsbehörden erschweren zusätzlich eine “angemessene Wohnung” im Sinne der festgelegten Unterkunftskosten im SGB II zu finden.
Wer dann noch eine einigermaßen behindertengerechte Wohnung finden muss, hat es noch schwerer ein geeignetes Zuhause zu finden. “Elisa ist seit kurzem querschnittsgelähmt und musste aus ihrer Wohnung raus”, berichtet Helener Steinhaus, Gründer von Sanktionsfrei e.V. Ein kaum zu bewerkstelligendes Unterfangen, wenn die Wohnung Rollstuhlgerecht sein soll.
Wohnungen teurer als Vorgaben des Jobcenters
Rollstuhlgerechte Wohnungen liegen laut Steinhaus weit “oberhalb der Angemessenheitsgrenzen der Jobcenter”. Das ist auch dann der Fall, wenn der 30-prozentige Zuschuss zu den Unterkunftskosten, aufgrund der vorliegenden Schwerbehinderung, berücksichtigt würde.
Elisa konnte zwar eine Wohnung finden, allerdings war die Miete höher, als in den Angemessenheitsregeln festgelegt. Aus diesem Grund wandte sie sich an das Jobcenter, damit die Behörde dennoch ihre Zustimmung gibt. Denn ohne Erlaubnis des Leistungsträgers dürfen Hartz IV Beziehende in solchen Fällen nicht umziehen.
Jobcenter verweist auf Obdachlosenheim
Trotz mehrmaliger Kontaktversuche habe das Jobcenter wochenlang nicht reagiert, wie der Verein in einem Twitter-Post berichtet.
Nachdem alle Emails offenbar ins Leere liefen, rief Elisa bei der Behörde an. Statt einer konkreten Unterstützung oder Zusage wurde ihr keine Hilfe zuteil. Stattdessen gab man ihr den Tip, dass “würde sie obdachlos werden, müsse sie nicht auf der Straße schlafen”. Schließlich gäbe es ja noch Obdachloseneinrichtungen.
Umzug ohne Zustimmung, kein Geld für Lebensmittel
Weil die Betroffene in keinem Fall in einem Obdachlosenheim landen wollte, hat Elisa ohne Zustimmung des Jobcenters die Wohnung bezogen. Die Behörde übernimmt allerdings nur die Mietkosten der alten Wohnung.
Weil aber die Wohnungsmiete zu hoch ist, muss sie nunmehr die Differenz aus den Regelleistungen zahlen. Dadurch bleibt kein Geld mehr für Lebensmittel. Schlimmer noch: Die Betroffene ist zusätzlich nun verschuldet.
Vorwurf der Fahrlässigkeit
„Ich bin schockiert über die Ignoranz und die Fahrlässigkeit“ des Jobcenter, mahnt Steinhaus. Sie selbst habe die Mails der Betroffenen gelesen, “in denen Elisa richtiggehend um Antwort fleht”. „Ich möchte mir nicht ausmalen, wie schlaflos ihre Nächte waren, bis sie es zum Glück geschafft hat, sich das Geld für die Kaution zu leihen.“
Der Verein hat nun einen Anwalt eingeschaltet und unterstützt Elisa mit Spendengeldern, damit sie sich wenigstens Lebensmitteln kaufen kann.
Schlechte Stimmung bei Twitter
Bei Twitter sind die Stimmen zu dem Fall allerdings gemischt. Während viele User die Unterstützung positiv kommentieren, halten andere dem Verein vor, mit eine Fantasiegeschichte erzählt zu haben, um „moralischen Gewinn“ erzielen zu wollen.
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