Bei Hartz IV und auch spรคter beim Bรผrgergeld gibt es sogenannte Mitwirkungspflichten. Werden diese nicht erfรผllt, kann das Jobcenter die Leistungen “durch die Hintertรผr” um 100 Prozent sanktionieren und damit einstellen. Der Verein “Sanktionsfrei” berichtet von einem aktuellen Fall.
Sanktionen durch fehlende Mitwirkungspflichten
Hรคufig suchen Betroffene soziale Beratungsstellen auf, weil das Jobcenter beantragte Leistungen mit dem Hinweis โfehlender Mitwirkungspflichtโ verweigert. Die Hilfesuchenden berichten, dass sie die geforderten Unterlagen mehrfach an das Jobcenter gesendet haben. Dennoch wรผrde das Jobcenter den Eingang immer wieder verneinen.
Bei einer fehlenden Mitwirkung, die in eine Pflicht im SGB II ist, droht nรคmlich Leistungsbeziehenden im schlimmsten Fall eine Einstellung bzw. Versagen von Hartz-IV-Leistungen. Wer angeblich keine Unterlagen oder Belege liefert, kommt seinen geforderten Mitwirkungspflichten nicht nach.
Schwangerer Mutter wurden die Leistungen komplett eingestellt
Von einem aktuellem Fall berichtet der Verein “Sanktionsfrei e.V.”. Eine junge Frau namens Marie ist Schwanger und hat zudem einen zweijรคhrigen Sohn.
“Ihre Hartz-IV-Leistungen wurden vor 2 Monaten komplett eingestellt, da der Vater die Vaterschaft nicht anerkennt und sie dadurch ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen kann”, berichtet Helena Steinhaus auf der Socialmedia Plattform “Twitter”. Auch ein Unterhaltsvorschuss wird verweigert.
Das Problem Vaterschaftsanerkennung
In rund 30 Prozent sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet. Sind die Eltern miteinander verheiratet, gilt in der Regel die Vaterschaft als anerkannt. Sind die Eltern nicht verheiratet, muss die Vaterschaftsanerkennung beurkundet werden.
In nicht wenigen Fรคllen wird die Vaterschaft durch den Vater nicht anerkannt bzw. angefochten. Dann muss das Familiengericht ein Abstammungsgutachten anordnen, dass die Vaterschaft klรคrt.
Hartz IV Leistungen sind subsidiรคr
In solchen Fรคllen wird das Jobcenter immer die Vaterschaftsanerkennung und die Festsetzung fรผr Unterhalt vom Jugendamt verlangen. Die Leistungen des Jobcenters sind nรคmlich subsidiรคr. Das bedeutet, sie werden erst nach den Unterhaltsansprรผchen des Vaters bemessen. Solange die Vaterschaft nicht geklรคrt ist, wird auch das Jugendamt keinen Unterhaltsvorschuss leisten.
Das Verfahren wird sich allerdings in die Lรคnge ziehen. “Aus diesem Grund muss ein Gericht im Rahmen einer einstweiligen Verfรผgung vorlรคufige Leistungen gewรคhren, da sonst Leib und Wohl der Mutter und des Kindes in Gefahr sind”, erlรคutert Jochen Schmidt von der Erwerbslosen-Hilfegruppe Hannover-Linden gegenรผber “Gegen-Hartz.de”.
Totalsanktionen รผber den Umweg der Mitwirkungspflichten
Die Jobcenter halten sich zwar an die Weisungen der Bundesagentur fรผr Arbeit und auch an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, finden aber andere Wege, um Totalsanktionen, wie in diesem Fall, auszusprechen.
Die Erwecbsloseninitiative โBastaโ berichtete zum Beispiel, dass sich die Hartz-IV-Behรถrden jetzt mehr auf die sogenannten Mitwirkungspflichten konzentrieren. โSie sind schnell dabei, zu sagen, wenn Du nicht mitwirkst, streichen wir Dir von heute auf morgen alle Leistungenโ.