Jobcenter verweigert Mutter wegen 11 Cent den bitter nötigen Umzug
11.05.2015
Die Wohnung einer alleinerziehenden Mutter mit vier Kindern ist viel zu klein. Die Zustände für alle im Haushalt lebenden kaum mehr zu ertragen. Doch weil die Betroffene Hartz IV Bezieherin ist, darf sie nicht umziehen. Die zuständige Behörde verweigert den Umzug wegen 11 Cent.
Ina M. konnte es nicht fassen, als sie den Brief des Jobcenters öffnete. Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung des vorgelegten Wohnungsangebotes wären "nicht angemessen". Und dabei handelt es sich gerade einmal um 11 Cent mehr, als die oft zum Teil nicht nachvollziehbar festgelegten Unterkunftskosten besagen. Doch die Behörde weigert sich, den Umzug und die Unterkunftskosten zu übernehmen.
Zu Dritt im Wohnzimmer schlafen
Dabei wäre ein Umzug wirklich bitter nötig. Denn jetzt lebt die bereits geschiedene Mutter mit ihren vier Kindern in einer 3-Raumwohnung. Damit ihre älteren Söhne altersgemäß mehr Freiraum erhalten, zog die Mutter aus dem Schlaf- in das Wohnzimmer um. Im Wohnzimmer kampieren nun die Mutter und ihre beiden kleinen Mädchen. In der Nacht schlafen die Mutter und die beiden kleinen Kinder im Wohnzimmer. Ein Privatsphäre, in der auch einmal die Mutter ausschalten kann, um sich von der doch schweren Erziehungs- und Versorgungsarbeit zu erholen, ist derzeit undenkbar. Ein Zustand, der nicht lange gut geht.
Laut den Unterkunftsrichtlinien sind für 5 Personen in einem Haushalt 501,39 Euro „angemessen“. Doch die Grundmiete der Wohnung einer Genossenschaft in Oelsnitz beträgt 501,50 Euro, also genau 11 Cent mehr je Monat. Doch der Jobcenter-Leiter Frank Frank Reißmann begründet es gegenüber der „Freien Presse“ noch einmal ganz anders. „Angemessen seien 5,28 Euro pro Quadratmeter – das ergibt sich aus den Unterkunftskosten von 501,39 Euro bezogen auf 95 Quadratmeter.“ Diese Größe darf eine 5-köpfige Bedarfsgemeinschaft sein. Doch die Wohnung der Betroffenen sei nur 85 Quadratmeter groß. Bei gleichem Mietpreis ist der Quadratmeterpreis höher. Das sei dann aber „oberhalb der Richtlinie“.
Das ist eine Frechheit
Das ist eine Frechheit, empört sich Andreas Bernhardt von der Stollberger Bürgerinitiative für Arbeit gegen soziale Ungerechtigkeit. "Sie wird also dafür bestraft, dass sie eine kleinere Wohnung nehmen will, als ihr zusteht". Zudem gebe es keine Wohnungen in dem Kreis, die überhaupt den festgesetzten Mietpreis des Landkreises einhalten könnte. Daher sei das Wohnungsangebot der Genossenschaft wirklich fair und gut.
Behörde trägt keinen Umzug und keine Renovierung
Die Betroffene sagt, sie würde die Differenz natürlich auch selbst tragen. Das sei möglich, bestätigt auch das Jobcenter. Allerdings werden sogleich auch wieder Einschränkungen gemacht: Folgekosten für den Umzug oder das Renovieren werden von der Behörde nicht übernommen. Und damit macht das Jobcenter einen Umzug wieder zunichte. Einzig die Genossenschaft reagierte unbürokratisch. Sie würde auch die Miete um 11 Cent absenken. Den Quadratmeterpreis um 62 Cent zu senken sei aber nicht möglich und auch nicht Ortsüblich. Von daher bleibt der Betroffenen nun nur noch der Widerspruch- und Klageweg. (sb)
Bild: Hannelore Louis / pixelio.de
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