Hartz IV: Vorlagepflicht von Kontoauszügen

Lesedauer 2 Minuten

Hartz IV: Vorlagepflicht von Kontoauszügen

Die Agentur für Arbeit ist in den vergangenen Monaten dazu übergegangen, auch bei Folgeanträgen die Vorlage von Kontoauszügen (in der Regel der letzten zwei Monate) zu verlangen. Die Auffassung vieler Datenschutzbeauftragter, dass die Vorlage von Kontoauszügen nur bei erstmaligem Bezug von ALG II angemessen sei oder bei Bestehen eines Betrugsverdachtes, wird dabei ignoriert. Es gibt aber keine Rechtsnorm (Gesetz, Verordnung), die die Vorlage von Kontoauszügen bei der SGB II-Behörde vorschreibt oder regelt.

Formal stützt sich die Agentur für Arbeit auf die so genannte Mitwirkungspflicht der Antragsteller (§ 60 ff. SGB I). Zwar hatte das LSG Hessen dies in einem Beschluss aus dem Jahr 2005 zurückgewiesen ("… weder ‘leistungserheblich’ noch ‘erforderlich’ …"; L 7 AS 32/05 ER), oder das Sozialgericht Detmold (S 21 AS 133/06 ER) einschränkend bemerkt: "Die Vorlage von Kontoauszügen ist aber nur gerechtfertigt, wenn ein begründeter Verdacht auf Leistungsmissbrauch besteht." Aber: Zwischenzeitlich hat es auch Beschlüsse mit anderem Tenor gegeben, z.B. meinte das SG München (Az.: S 50 AS 472/05 ER): "Entgegen der Auffassung des hessischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 22.8.2005 (L 7 AS 32/05) wird aus zurücklie-genden Kontobewegungen z.B. ersichtlich, ob die Antragstellerin Zuwendungen Dritter erhält oder größere Beträge transferiert hat und welche sonstigen leistungserheblichen Transaktionen bisher vorgenommen wurden. Ein Verdacht auf beabsichtigten Leistungsmissbrauch im Einzelfall – der bei Vorlage geschwärzter Kontoauszüge naheliegt – ist nicht erforderlich. Wenn die Antragstellerin Geld will, muss sie die angeforderten Nachweise vorlegen …"

Vom Sozialgericht Lüneburg oder dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ist uns bisher kein Beschluss zu dieser Angelegenheit bekannt. Deshalb lassen sich mögliche Erfolgschancen einer Weigerung nicht abschätzen. In der Zeitschrift "info-also" gab es jüngst eine fachliche Betrachtung des Problems, die mit der Aufforderung an den Gesetzgeber endete, "zum Zwecke einer sachgerechten Regelung dieses schwierigen Problemfeldes aussagekräftige Regelungen zu schaffen."(31.10.07)

Ergänzung: Ein Urteil des Hessischen Sozialgerichts: Die “Weigerung, die Kontoauszüge der zurückliegenden Monate (…) vorzulegen, ist unschädlich, denn (…) diese Urkunden“ sind “weder “leistungserheblich“ noch “erforderlich“ im Sinne des § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I.“ “Es steht aber nicht im Belieben der Verwaltung, Umfang und Reichweite der Mitwirkungspflichten von Antragstellern ohne konkrete rechtliche Grundlage festzulegen und bei deren Nichterfüllung sogar die Sanktion der Leistungsversagung zu verhängen.“

Das Gericht stellt fest, dass “Sozialdaten (…) nicht unbefugt erhoben werden dürfen.“ Es bezieht sich auf das “aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Grundgesetzes, Art. 2 Abs. 1 GG und der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung“.
Beschluss vom 22. August 2005, Aktenzeichen: L 7 AS 32/05 ER”