Hartz IV: Untätigkeit der Koalition zu Kinderarmut

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Erwerbslosenverbände kritisieren Untätigkeit der Koalition zur Kinderarmut. Wirksame Hilfen statt Sprechblasen dringend erforderlich

Erwerbslosenverbände haben der Regierungskoalition Untätigkeit und Scheinheiligkeit im Umgang mit dem dingenden Problem der Kinderarmut vorgeworfen. Seitdem die zunehmende Kinderarmut im Spätherbst 2007 breit öffentlich diskutiert worden sei, habe die Koalition „nur Sprechblasen produziert und keine einzige wirksame Hilfe für Kinder aus Hartz-IV-Haushalten auf den Weg gebracht“ kritisieren die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI) und der Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles. e.V. in einer gemeinsamen Erklärung.

„Besonders schwer erträglich ist das Auftreten der SPD, die sich in den aktuellen Landtagswahlkämpfen als Partei der sozialen Gerechtigkeit zu profilieren versucht, aber Hartz-IV-Kindern zusätzliche Leistungen verweigert“ kritisiert Harald Thomé von Tacheles e.V. Wiederholt habe die SPD-Fraktion im Bundestag entsprechende Anträge von Bündnis 90 / Die Grünen und der Fraktion die Linke mit Verweis auf eigene, bevorstehende Lösungen abgelehnt. „Außer Lippenbekenntnissen, folgenlosen Prüfaufträgen und dem Einsetzen einer Kommission hat die SPD nichts getan“ so die Kritik von KOS, BAG-SHI, und Tacheles.

„Da die Sätze für Kinder aus dem Ausgabeverhalten von alleinstehenden Rentnern abgeleitet werden, bei denen weder Kosten für Kinderschuhe noch für Schulsachen anfallen, produziert Hartz IV zwangsläufig Kinderarmut“ erläutert Andreas Geiger, Vorsitzender der BAG-SHI. „Der Handlungsbedarf liegt auf der Hand, was muss da noch monatelang geprüft werden?“ fragt Geiger. Die Erwerbslosenverbände fordern, die Regelleistungen für Kinder völlig neu zu bemessen und an den tatsächlichen Ausgaben für Kinder zu orientieren. Nach Angaben der BAG-SHI betragen die tatsächlichen, durchschnittlichen Ausgaben ohne Mietanteil für ein Kind unter 6 Jahren 370 Euro, für ein Kind zwischen 6 und 12 Jahren 438 Euro und für ein Kind ab 12 Jahren 486 Euro.

„Hartz IV raubt Kindern hier und heute Bildungs- und Entwicklungschancen, denn mit leerem Magen und ohne Schulsachen lernt es sich schlecht“ sagt Martin Künkler von der KOS. Nötig seien daher schnelle und wirksame Hilfen, bis ein grundlegend neues Bemessungssystem durchgesetzt sei, so Künkler weiter.

Als Sofortmaßnahmen fordern KOS, BAG-SHI und Tacheles deshalb eine zusätzliche Einmalbeihilfe für Schulsachen wie etwa Taschenrechner, Sportschuhe, Stifte und Schulranzen einzuführen und die Hartz-IV-Leistungen für Erwachsene und Kinder in einem ersten Schritt um 20 Prozent anzuheben. Im Herbst 2007 hatte selbst der damalige Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) ein „Schulstarter-Paket“ in Aussicht gestellt. Dass auch dieser Vorschlag im Sande verlaufen sei, belege ein weiteres Mal die Untätigkeit der Regierungskoalition.

„Mit jedem armen Kind lebt auch mindestens eine arme Mutter oder ein armer Vater zusammen. Wer etwas gegen Kinderarmut tun will, der muss auch bei der Einkommensarmut der Eltern ansetzen“ fordern die Erwerbslosenverbände. Neben einem flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn sei eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze für alle, die keinen existenzsichernden Arbeitsplatz finden können, dringend notwendig. Um Grundbedürfnisse wie etwa gesunde Ernährung abzudecken sowie eine angemessene Teilhabe an Bildung, Kultur und Sport zu sichern, halten die Erwerbslosenverbände eine Regelleistung von 500 € für Alleinstehende für erforderlich. Es sei „ein Armutszeugnis für die Koalition“, dass selbst die für November letzten Jahres versprochene Prüfung, ob die Hartz-IV-Sätze zumindest aufgrund der rasanten Preissteigerung erhöht werden sollten, noch immer ausstehe. PM, Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen – 23.01.2008)

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