Rentenhammer: Erwerbsgeminderte bekommen bis zu 73 % mehr Rente

Lesedauer 2 Minuten

Die Deutsche Rentenversicherung meldet einen kräftigen Sprung bei den Erwerbsminderungsrenten. Neue Empfänger erhalten heute im Schnitt 1.176 Euro und damit fast drei Viertel mehr als noch 2013.

Warum die Renten so stark steigen

Seit 2014 verlängert der Gesetzgeber schrittweise die Zurechnungszeit. Behinderte oder kranke Beschäftigte werden so behandelt, als hätten sie bis zur Regelaltersgrenze weitergearbeitet. Diese fiktiven Jahre erhöhen die Entgeltpunkte und damit die Monatszahlung. Zusätzliche Rentenanpassungen treiben den Wert weiter nach oben.

Eine Person wird heute mit 55 Jahren voll erwerbsgemindert. Statt nur die real erarbeiteten 30 Versicherungsjahre zu zählen, legt die Rentenversicherung pauschal bis zum 67. Lebensjahr weitere 12 Jahre drauf. Ergebnis: deutlich mehr Entgeltpunkte – und ein Plus auf dem Konto.

Abschirmung vor kurzfristigen Einkommensbrüchen

Lohnlücken der letzten vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung mindern die Rente nicht mehr. Viele Betroffene, die wegen längerer Krankheit weniger verdienen, rutschen dadurch nicht in eine finanzielle Falle.

Aufholpaket für „Alt‐Rentner“

Bis 2024 profitierten nur Neurentner von den Verbesserungen. Seit Juli 2024 gilt jedoch ein Bestandsverbesserungsgesetz:

  • Rentenzugang 2001 – 2014: Zuschlag 7,5 %
  • Rentenzugang 2015 – 2018: Zuschlag 4,5 %

Rund drei Millionen Renten werden so erhöht. Ab Dezember 2025 ersetzt ein individueller Aufschlag diese Pauschale und wandert direkt in die Hauptzahlung.

Wer erhält eine Erwerbsminderungsrente?

Laut der Bundesregierung müssen jährlich etwa 170.000 Arbeitnehmer den Job aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Jede zweite neue Rente geht inzwischen auf eine psychische Erkrankung zurück. Voll erwerbsgemindert ist, wer höchstens drei Stunden am Tag arbeiten kann; teilweise erwerbsgeminderte schaffen zwischen drei und unter sechs Stunden.

Milliardenbelastung für die Rentenkasse

Zwischen 2014 und 2024 kosteten die Reformen mindestens elf Milliarden Euro zusätzlich. Ende 2024 zahlte die Rentenversicherung 344,5 Milliarden Euro an alle Rentner, davon 1,7 Millionen Erwerbsminderungsrenten. Die Bundesvertreterversammlung diskutiert nun in Münster, wie hoch die Zuschüsse aus Steuermitteln steigen müssen.

Das politische Ringen geht weiter

Gewerkschafter Uwe Hildebrandt lobt die Reformen, mahnt aber dauerhafte Finanzierung an. Arbeitgebervertreter Heribert Jöris warnt vor höheren Lohnnebenkosten. Beide Seiten fordern eine offene Debatte über Bundeszuschüsse und den demografischen Druck.

Was Betroffene jetzt tun können

Sie erhalten bereits eine Erwerbsminderungsrente? Prüfen Sie Ihren Bescheid. Ein formloser Antrag ist nicht nötig: Die Rentenversicherung zahlt Zuschläge automatisch. Künftige Antragsteller sichern sich dagegen die neuen, höheren Sätze sofort – vorausgesetzt, sie erfüllen die versicherungsrechtlichen Mindestzeiten von fünf Jahren.

Blick nach vorn

Zum 1. Juli 2025 greift die nächste reguläre Rentenanpassung. Zwar wird sie mit 3,74 % wegen moderater Lohnentwicklung niedriger ausfallen als 2024, doch der Effekt der längeren Zurechnungszeit bleibt. Fachverbände rechnen damit, dass die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente 2026 erstmals die Marke von 1.200 Euro knackt.