Hartz IV: Sind Jobcenter die neuen Handlanger unserer Sozialgerichte?

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Zeugenbefragungen im Auftrag des Sozialgerichts?

Wie wir berichteten, fรผhrte das Jobcenter Ostprignitz-Ruppin Zeugenbefragungen in der Nachbarschaft einer Mutter durch und maรŸte sich dabei polizeiliches Vorgehen an. Nun relativierte der Chef der Behรถrde gegenรผber der “Mรคrkischen Allgemeinen” das Vorgehen. Man habe im Auftrag des Sozialgerichts gehandelt.
In einem aktuellem Fall ist eine 40jรคhrige Mutter mit zwei Kindern betroffen. Seit August diesen Jahres arbeitet die Aufstockerin im Schichtdienst. Die Betroffene wohnt im Ort Garz, der ehemalige Lebensgefรคhrte in Wustrau. Der Ort ist etwa 20 Kilometer entfernt. Da die beiden Kinder in den Kindergarten bzw. in die Schule gehen, kรผmmert sich der Ex-Mann regelmรครŸig um die Kinder. Das Jobcenter findet es offenbar seltsam, wenn sich Menschen gegenseitig helfen und ihre Elternrolle ernst nehmen. Es schloรŸ automatisch daraus, dass der ehemalige Lebensgefรคhrte mit der Mutter eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft bildet und dauerhaft in der Wohnung verweilt. Das allerdings wรผrde zu einem deutlich niedrigerem Hartz IV Satz fรผhren. Das Jobcenter befragte daraufhin Nachbarn. Dabei spielte sich die Behรถrde nicht nur als Polizei auf, sondern missachtete auch den Datenschutz. Laut dem Sozialdatengeheimnis dรผrfen 3. nichts vom Bezug von Sozialleistungen wissen.

Man handele im Auftrag des Sozialgerichts, sagte nun der Leiter des Jobcenters Ostprignitz-Ruppin Axel Schmidt gegenรผber dem Blatt. “Wir machen das nicht aus eigenem Antrieb”, so Schmidt. Das Sozialgericht Neuruppin habe das Jobcenter beauftragt, im Streitfall Nachbarn zu befragen, weil das Amt personell und sachlich besser ausgestattet sei. โ€žWir รผben Gesetze aus, mehr nichtโ€œ, betonte Schmidt. Das Jobcenter habe hier keinen Ermessensspielraum.

Keine Polizeibefugnisse und trotz Zeugenbefragung

โ€žWir haben keine Polizeibefugnisseโ€œ, rรคumte Schmidt ein. Die Mitarbeiter des Bedarfsermittlungsdienst dรผrften keine Schrรคnke oder die Post durchsuchen, sondern nur den Schrank und die Post des Betreffenden zeigen lassen. Ein Protokoll wรผrde auf Wunsch ausgehรคndigt. Warum nun das Jobcenter aber Nachbarn befragt, dieser Frage blieb der Jobcenterchef einer Antwort schuldig.

Fรผr den SPD-Kreistagsabgeordneten Sven Alisch sind Antworten zu dรผrftig. Daher wolle der Politiker eine Sondersitzung des Petitionsausschusses einberufen. Beispielsweise hatte die Behรถrde nicht erklรคrt, wie viele Nachbarn befragt wurden. Auch steht zur Debatte, dass es sich hierbei um kein Einzelfall handelte.

Das Sozialgericht hatte bis jetzt keine Antwort auf unsere Fragen parat. Neben anderen Fragen wollen wir nรคmlich wissen, ob das Gericht tatsรคchlich einen Auftrag erteilte. Falls sich hier weitere Informationen ergeben, berichten wir weiter.