Hartz IV: Schulbildung für Kinder und Jugendliche

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Schulbildung für Kinder und Jugendliche, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II/Sozialgesetzbuch XII und Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Petition der Landesarmutskonferenz an den Niedersächsischen Landtag und an den Deutschen Bundestag

Als Landesarmutskonferenz erleben wir mehr und mehr die Situation, dass gerade Kinder und Jugendliche im Bildungsbereich aufgrund der fehlenden materiellen Möglichkeiten Ausgrenzungen erleben. Mit 208,– Euro (Kinder bis 14 Jahre) oder 278,– Euro (Kinder und Jugendliche ab 14 Jahre) sollen Nahrung, Kleider, Genussmittel, Strom und alles Weitere bezahlt werden. Die Kosten für die Schulbildung der Kinder und Jugendlichen sind in diesen Regelleistungen nicht vorgesehen, und das Kindergeld steht nicht wie bei anderen Familien zusätzlich zur Verfügung, sondern wird von den
Regelsätzen in voller Höhe abgezogen.

Die Leihgebühren für Schulbücher werden zwar für Leistungsbezieher nach dem SGB II und SGB XII von der Kommune erstattet, aber je nach Schulstufe und Ereignis, z.B. Einschulung oder Klassenwechsel, müssen Eltern für ein Kind oft mehr als 100,– Euro zusätzlich ausgeben für Schultüte, Arbeitshefte, Schreibhefte, Stifte, Blöcke, Malutensilien, Kopiergeld, Klassenkasse oder eintägige Klassenfahrten. Stehen weitere besondere Anschaffungen an, wie z.B. Schulranzen, Grafikutensilien, Taschenrechner usw., werden daraus schnell 300,- Euro pro Kind/Jugendlichen.

Die Eltern geraten in Not, weil sie das Geld dafür nicht übrig haben. Den Kindern und Jugendlichen wird die Chancengleichheit im Bildungsbereich genommen.

Das SGB II sieht im § 23 Abs. 3 eine einmalige Leistung vor für – wie es unter Punkt 3 heißt – "mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulischen Bestimmungen". Es werden jedoch in keiner Weise die o.g. Bedarfspositionen berücksichtigt oder Fahrtkosten zur Schule, die insbesondere bei den weiterführenden Schulen anfallen, da es für Schüler und Schülerinnen der gymnasialen Oberstufe keine kostenlose Schülerbeförderung gibt und ab der 12. Klasse in der Regel alle Bücher und Materialien selbst beschafft werden müssen.

Dies bezieht sich ebenfalls auf die berufsbildenden Schulen und Fachschulen etc., bei denen es in der Regel keine Schulbuchausleihe mehr gibt und keine Schülerbeförderung. Die Kosten dafür müssen die Jugendlichen selbst erbringen.

Anzumerken ist des Weiteren, dass man bei differenzierter Betrachtung insbesondere in Bezug auf die Ausführung in der Bundesratsdrucksache 206/04 vom 12.03.2004 – Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelsatzverordnung – RSV) – sich ergibt, wenn man überhaupt annehmen kann, dass unter den dort benannten Abteilungen relevante Leistungen in Bezug auf die o.g. Bedarfspositionen eingeflossen sind, diese sicherlich sehr gering sein dürften, weil im Rahmen der Einkommens- und Verbraucherstichprobe viele unterschiedliche Bedarfspositionen eingeflossen sind, die aber eben gerade nicht eine Identität oder Identitätsnähe zu den o.g. Bedarfspositionen haben.

Auch wenn man einmal unterstellt, obwohl dieses sehr unwahrscheinlich ist, dass tatsächlich in irgendeiner Weise vergleichbare Positionen innerhalb der Einkommens- und Verbraucherstichprobe eingeflossen sind, dürfte dieser Anteil in Bezug auf die o.g. Bedarfspositionen von der Bedeutung her in Bezug auf eine evtl. durchzuführende Quantifizierung im Bereich des Wertes Null liegen, weil die Regelleistung von Kindern und Jugendlichen lediglich prozentual vom Eckregelsatz abgeleitet wird und bei den statistischen Erhebungen in keiner Weise die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen eingeflossen sind.

Von daher ergibt sich, dass in der Regelleistung für Kinder und Jugendliche keine signifikanten Anteile in Bezug auf die o.g. Bedarfspositionen innerhalb der Regelleistung bestehen dürften, zumal die Abteilung 10, Bildungswesen, bei der Bemessung des Eckregelsatzes keine Berücksichtigung gefunden hat, obwohl man doch davon ausgehen dürfte, dass gerade diese Abteilung in Bezug auf die o.g. Bedarfspositionen eine hohe Relevanz zuzumessen wäre. Eltern stehen vor der Problematik, dass sie ihren Kindern die angemessene Schulbildung nicht ermöglichen können, wohl bemerkt, und dies muss ausdrücklich betont werden, aus finanziellen Gründen.
Wir sehen hierin eine eklatante Ungerechtigkeit gegenüber Haushalten mit ausreichenden Einkommen. Außerdem steht dieser Sachverhalt in einem starken Missverhältnis zur Bildungspolitik, da allen Kindern und Jugendlichen eine ihnen angemessene Bildung ermöglich werden sollte. Die oft proklamierte Chancengleichheit im Bildungswesen wird hier völlig ausgehebelt.

Uns erscheint hier ein dringender Handlungsbedarf auf Landes- und Bundesebene. Um Kindern und Jugendlichen eine Chancengleichheit im Bildungsbereich wieder zu gewährleisten, sind auf Landes-und Bundesebene umgehend Maßnahmen durchzuführen, die den betroffenen Kindern und Jugendlichen gegenüber die erforderlichen Bedarfspositionen im vollen Umfange sicherstellen. Materielle Armut darf kein Ausschluss sein für einen
gleichberechtigten Zugang zum Bildungssystem. (20.08.07)