LSG Stuttgart verweigert „Unterkunftskosten“ für Hartz-IV-Empfänger: Pritschenwagen als Unterkunft nicht geeignet
20.05.2016
(jur). Ein offener Pritschenwagen eignet sich nicht als Unterkunft für einen Hartz-IV-Beziehenden. Jobcenter müssen hierfür daher keine Unterkunftskosten bezahlen, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Freitag, 20. Mai 2016, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: L 9 AS 5116/15).
Es wies damit einen 60-jährigen Arbeitslosen aus dem Bodenseeraum ab. Der Mann ist ohne festen Wohnsitz. Nach eigenen Angaben schläft er seit 2010 in einem Pritschenwagen.
Das Jobcenter war ursprünglich davon ausgegangen, dass es sich bei dem Kleinlaster um eine Art Wohnmobil mit geschlossenem Aufbau handelt. Neben der Regelleistung für den Lebensunterhalt erstattete es dem Arbeitslosen daher die Kosten der Kfz-Versicherung sowie eine Heizkostenpauschale als „Kosten der Unterkunft“.
Nach einer Besichtigung Ende 2013 stellte die Behörde diese Zahlungen ein. Der offene Pritschenwagen sei mit einer Wohnung in keiner Weise vergleichbar und für einen längeren Aufenthalt nicht geeignet. Ein „Mindestmaß an Privatsphäre“ sei nicht gewährleistet.
Mit seiner Klage machte der 60-Jährige geltend, ihm werde sein menschenwürdiges Existenzminimum verweigert.
Wie schon das Sozialgericht Konstanz wies nun auch das LSG Stuttgart die Klage ab. Der Pritschenwagen sei „keine Unterkunft im Sinne des Sozialgesetzbuchs II“. Der Wagen habe lediglich eine geschlossene Fahrerkabine ohne Rückbank. Die Ladefläche sei offen. Privatsphäre und Hygiene seien daher nicht gewährleistet. Das Innere der Kabine sei deutlich einsehbar. Beispielsweise ein ungestörtes Wechseln der Bekleidung sei daher „nicht einmal annähernd wie in einer Wohnung möglich“, so das LSG in seinem Urteil vom 10. Mai 2016. (mwo)
Bild: animaflora – fotolia
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