Hartz IV: Jobcenter muss schulnotwendige spezielle Berufskleidung bezahlen

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LSG Celle: Schulbedarfspauschale deckt dies nicht ab

Jobcenter mรผssen Berufsschรผlern eine notwendige spezielle Berufskleidung fรผr Hartz IV Bezieher bezahlen. Von der Schulbedarfspauschale sind solche Ausgaben nicht gedeckt, wie das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Montag, 22. Juni 2020, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: L 11 AS 793/18). Es gab damit der Klage eines 17-Jรคhrigen statt, der sich fรผr den Beruf des Kochs interessiert. In einem weiteren Fall wies das LSG dagegen eine Schรผlerin ab, die fรผr den Kochunterricht auch weiรŸe Alltagskleidung nutzen konnte (L 11 AS 922/18 NZB).

Der Jugendliche lebte mit seiner Mutter und zwei Geschwistern von Hartz IV und besuchte eine Berufseinstiegsschule in Hannover. Diese Schulen verbinden in Niedersachsen die Mรถglichkeit eines ersten oder auch eines besseren Schulabschlusses mit einem Berufsvorbereitungsjahr fรผr einen bestimmten Beruf. Fรผr die Berufsvorbereitung zum Koch benรถtigte der 17-Jรคhrige eine entsprechende Bekleidungsgarnitur. Diese kostete โ€“ von der Mรผtze bis zum Schuh โ€“ insgesamt 115 Euro. Hierfรผr beantragte er beim Jobcenter die รœbernahme der Kosten.

Das Jobcenter lehnte dies ab und verwies auf die im sogenannten Bildungspaket enthaltene Schulbedarfspauschale von inzwischen 150 Euro pro Jahr. Ansonsten mรผsse der Junge das Geld von der Regelleistung nehmen.

Wie schon vor dem Sozialgericht Hannover hatte die hiergegen gerichtete Klage nun auch vor dem LSG Celle Erfolg. Die Schulbedarfspauschale sei fรผr Ranzen, Turnzeug, Schreibsachen und ร„hnliches gedacht; Berufskleidung lasse sich davon nicht auch noch bezahlen. Mรผsse der Junge die 115 Euro von seinem Regelbedarf zahlen, sei das menschenwรผrdige Existenzminimum nicht mehr gewรคhrleistet.

Es liege daher eine โ€ževidente Bedarfsunterdeckung” vor, entschied das LSG. Diese Lรผcke sei verfassungskonform so zu schlieรŸen, dass das Jobcenter โ€žschulnotwendige spezielle Berufskleidung” bezahlt. Gegen dieses auch bereits schriftlich verรถffentlichte Urteil vom 26. Mai 2020 lieรŸ das LSG Celle wegen grundsรคtzlicher Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

In einem weiteren Fall bekrรคftigte das LSG Celle aber, dass es sich um โ€žspezielle Berufskleidung” handeln muss. Hier besuchte die Schรผlerin eine Berufseinstiegsklasse fรผr Hauswirtschaft und Pflege. Auch sie hatte Kochunterricht, benรถtigte hierfรผr aber lediglich weiรŸe T-Shirts, eine weiรŸe Hose und rutschfeste Schuhe. Dies sei Bekleidung, die nicht nur fรผr die Schule genutzt werden kรถnne und die im konkreten Fall die Schรผlerin offensichtlich auch nicht extra hierfรผr gekauft habe, so das LSG in seinem ebenfalls auch schon schriftlich verรถffentlichten Beschluss vom 15. April 2020. mwo/fle