Die Stromkosten steigen. In den Regelleistungen bei Hartz IV ist nur ein Pauschalbetrag für Strom vorgesehen. Dieser reicht allerdings für die galoppierenden Kosten für Strom nicht aus. Diese bittere Erfahrung musste nun auch eine alleinerziehende Mutter machen.
Die betroffene Alleinerziehende bekam eine Aufforderung zur Stromnachzahlung in Höhe von rund 1000 Euro, weil sie ihre Wohnung mit Strom heizen muss. Das Jobcenter sieht sich nicht in der Pflicht und lässt die Betroffene im Stich, wie der Verein “Sanktionsfrei e.V.” berichtet.
Immer höhere Energiekosten
Die Bundesregierung will zunächst eine sog. Gaspreisbremse installieren. Danach soll auch eine sog. Strompreisbremse folgen. Die meisten Haushalten in Deutschland haben schon ein Anschreiben ihres Versorgers erhalten. In diesem werden enorme Preiserhöhungen mitgeteilt.
Laut des Vergleichsportals “Check24” sind Stromkosten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei den Grundversorgern um durchschnittlich 124 Prozent gestiegen.
Stromkosten sind im Regelbedarf enthalten
Vor allem Menschen mit einem niedrigen Einkommen und Grundsicherungsbeziehende treffen die Preiserhöhungen. Anders als bei den Heizkosten müssen die Stromkosten aus den Regelleistungen bezahlt werden. Einen Mehrbedarf für Strom gibt es nur, wenn z.B. ein Boiler oder ein Durchlauferhitzer für Warmwasser verwendet wird.
Wenn dann noch eine Nachzahlungsaufforderung im Briefkasten landet, wissen viele Leistungsbeziehende nicht, wie sie diese bezahlen sollen. Bei einem derzeitigen Eckregelsatz von 449 Euro ist das kaum möglich, die zu bezahlen.
Jobcenter lehnt Unterstützung ab und bietet nur ein Darlehen an
Die Erfahrung des Alleingelassen Werdens musste jetzt auch eine alleinerziehende Mutter mit ihren drei Kindern erleben.
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Laut der Sanktionsfrei-Gründerin und Vereinsvorsitzenden Helena Steinhaus soll die Betroffene eine Stromkostennachzahlung in Höhe von rund 1.000 EUR zahlen. Die Nachzahlung ist jedoch für die Alleinerziehende nicht zu stemmen. Zahlt sie nicht, droht im schlimmsten Falle eine Stromsperre.
Alleinerziehende muss mit Strom heizen
Doch wie kam es zu der enormen Erhöhung? Wie Steinhaus berichtet, nutzt die betroffene Mutter eine Nachtspeicherheizung, die mit Strom betrieben wird. Das bedeutet, dass die Wohnung mit Strom beheizt werden muss. Dieser Umstand führt zu einem sehr hohen Stromverbrauch.
In solchen Fällen habe die Leistungsbeziehende einen Anspruch auf einen Zuschlag von 20 Prozent, sagt Steinhaus. Diesen habe sie auch beantragt. Allerdings lehnte das Jobcenter den Antrag ab.
Jobcenter verkennt geltende Rechtslage
Wird aber die Wohnung mit Strom beheizt, muss bei einer Stromheizung (Nachtspeicher) nicht nur ein 20-prozentiger Mehrbedarf geltend gemacht werden, “sondern eine Übernahme der vollen Stromkosten abzüglich der im Regelbedarf für Strom enthaltenen Bestandteile”, wie unser Autor “Sozi Simon” erläutert.
“Das Jobcenter muss nämlich aufgrund des Amtsermittlungsprinzips die Kosten für die Beheizung bestimmen, nicht der Leistungsberechtigte. Es kann entweder anhand von Wattzahl und der Betriebsstunden von einem qualifizierten Profi den Verbrauch schätzen lassen oder den Stromabschlag abzüglich des im Regelbedarf enthaltenen Stromanteils (und ggf. dem Mehrbedarf Warmwasser) als Heizkosten übernehmen. Somit müssen auch die anfallenden Nachzahlungen übernommen werden, sofern diese den Angemessenheitskritierien entsprechen.”
Diese Lösung für das Problem, das viele Leistungsbeziehende haben werden, hatte unlängst auch das Bayrische Landessozialgericht erarbeitet (AZ: 7 AS 644/13 B ER).
Verein will Betroffene unterstützen
In diesem Fall hat das Jobcenter lediglich ein zinsfreies Darlehen angeboten. Das Darlehen muss dann von den laufenden Regelleistungen monatlich abgestottert werden.
Es ist allerdings der Betroffenen zu raten, sich gegen die Ablehnung des Jobcenters zu wehren, da sie tatsächlich einen Anspruch auf Erstattung hat.
Der Verein will nunmehr juristisch und auch finanziell einspringen. „Das Bürgergeld ändert übrigens gar nichts an dieser Energiearmut“, kritisiert Steinhaus. Ob mit oder ohne Heizung sind die Stromkosten einfach zu hoch. Daran wird auch die geplante Erhöhung im Zuge der Bürgergeldreform nichts ändern, da die Stromkosten weiterhin pauschal in den Regelleistungen enthalten sind.
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