Hartz IV-Faktencheck: Stimmt diese Bürgergeld-Berechnung?

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Hat eine erwerbslose Alleinerziehende tatsächlich mehr Geld zur Verfügung?

Während Erwerbslosen-Initiativen, Sozialverbände, Gewerkschaften und Hartz IV kritische Projekte wie wir die geplante Ausgestaltung des Bürgergelds als zu unzureichend kritisieren macht eine zweite Front Mobil gegen das Bürgergeld. Hierfür werden vor allem in den sozialen Medien Grafiken geteilt, die vermitteln sollen, dass sich Arbeiten angeblich nicht mehr lohnen würde.

Johannes Steffen vom Portal “Sozialpolitik” hat sich die Mühe gemacht und einige Beispiele herausgesucht, um diese widerlegen.

Berechnungen unterschlagen Freibeträge und Ansprüche

In allen Beispielen von Bürgergeld-Gegnern wird das Argument genutzt, dass sich Arbeit nicht mehr lohnen würde. Dieses vermeintliche Argument wird mit unkorrekten Vergleichen scheinbar belegt. Dabei werden die derzeit geltenden sowie auch künftigen Regelungen zum Erwerbstätigen-Freibetrag weitestgehend ignoriert.

Würde allein dieser Aspekt bei allen dargestellten “Berechnungen” beachtet werden, würden diese bereits im Ansatz in sich zusammenfallen. So wird der Bürgergeld-Anspruch bzw. der Gesamtbedarf eines Haushalts allein mit dem Nettolohn aus dem Niedriglohnsektor verglichen.

Zudem wird bei einem Niedriglohn-Erwerbstätigen-Haushalt der Anspruch auf Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag sowie Unterhaltsleistungen kaum oder vollkommen außer Acht gelassen.

Auch wird der Anspruch auf aufstockende Hartz IV Leistungen bei einem zu niedrigem Lohn in aller Regel einfach ausgeblendet.

Erwerbstätige versus nicht-erwerbstätige Alleinerziehende

Besonders im politisch rechten Lager wird auf die emotionale Karte gesetzt. In einem oft geteiltem Bild wird aufgezeigt, dass eine erwerbstätige alleinerziehende Mutter weniger Geld zur Verfügung habe, als eine erwerbslose Alleinerziehende. Vergessen wird in dem “Rechenbeispiel” vor allem die Berücksichtigung von Unterhaltsvorschussleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

In dem oft geteiltem Beispiel wird eine erwerbslose Alleinerziehende mit 2 Kindern im Alter zwischen sechs und 13 Jahren mit einer Regelbedarfssumme von 1.198 Euro gegenüber einer Einzelhandelskauffrau mit 2.000 Euro Bruttolohn gestellt. Der Haushalt sei identisch.

Erwerbstätige Mutter hat angeblich weniger Geld zur Verfügung

Suggeriert wird, dass die erwerbstätige Mutter über 223 Euro weniger Geld zur Verfügung habe, als die erwerbstätige Alleinerziehende.

Wer aber genauer hinschaut, wird einige Fehler bei der Berechnung erkennen. Mit zwei Kinder unter 16 Jahren hat die nicht-erwerbstätige Mutter neben dem künftigen Bürgergeld-Regelsatz von 502 Euro einen Mehrbedarfsanspruch von 180,72 Euro.

Für einen sinnvollen Vergleich müssen Miete und Energiekosten bei beiden Familien gleich sein. Bei einer Gegenrechnung zur Vereinfachung sind das 1000 Euro Kosten der Unterkunft inkl. 500 Euro Miete. Damit beläuft sich der Gesamtbedarf für die Bürgergeld beziehende Familie auf 2.379 Euro.

Dem gegenüber steht der alleinerziehenden Einzelhandelskauffrau ein verfügbares Einkommen von 3029 Euro zur Verfügung. Somit liegt die erwerbstätige Mutter 650 Euro über dem Gesamtbedarf des vergleichbaren Bürgergeld-Haushalts.

Beispiel Alleinerziehende Mutter mit Bürgergeld

Regelsatz Mutter: 502 Euro
Regellsatz Kind 1: 348 Euro
Regelsatz Kind 2.: 348 Euro
Mehrbedarf Kinder unter 16 Jahre: 181 Euro
Miete (warm): 1000 Euro
= 2379 Euro Gesamtbedarf

Beispiel Alleinerziehende Mutter berufstätig

Bruttolohn: 2000 Euro
Lohnsteuer/Sozialversicherungsbeiträge: -420 Euro
Nettolohn = 1580 Euro
+ Kindergeld 2x 474 Euro
+ Unterhaltsvorschuss 533 Euro
+ Kinderzuschlag 220 Euro
+ Wohngeld 222 Euro
Gesamteinkommen = 3029 Euro
Differenz zur erwerbslosen Mutter = 650 Euro

Die Spanne zwischen 650 Euro oberhalb des Gesamtbedarfs und der Falschbberechnung von 223 Euro weniger beträgt satte 873 Euro.

Damit wird deutlich, dass solche Berechnungen bewusst vorgetäuscht werden, um Geringverdienende und Bürgergeld-Beziehende gegeneinander auszuspielen und bei eingehender Berechnung nicht stand halten.

Weitere Beispiele

Weitere (Falsch-)Beispiele und eingehende Erklärungen sind von Johannes Steffen hier nachzulesen.