Hartz IV: Jobcenter Hagen rudert nach E-Mail-Affäre zurück

Der Zugang zu den Grundsicherungsleistungen soll stark vereinfacht werden. Einige Jobcenter gehen dabei eigene Wege wie beispielsweise das Jobcenter Hagen. Die Behörde lehnte eine Kommunikation per E-Mail ab. Wir berichteten. Nun äußert sich erstmals das Jobcenter selbst zu den Vorwürfen.

Jobcenter lehnte E-Mail-Kontakt ab

Wie die Sozialberatungsstelle “Tacheles e.V.” berichtet, erhielten Hilfesuchende Anfang Oktober eine E-Mail, in der zu lesen war, dass eine Kommunikation per E-Mail nicht mehr möglich sei.

In einer späteren zweiten Mail wurde einem Leistungsbeziehendem dann mitgeteilt, dass die eingehende Mail zwar angekommen, aber “nicht mehr bearbeitet werde”. Stattdessen solle die Kommunikation ausschließlich über “Jobcenter.Digital” geschehen.

Experte warf Rechtsbeugung vor

Der Sozialrechtsexperte Harald Thomé von “Tacheles e.V.” Rechtsbeugung der Behörde vor. Hier werde nämlich “eine vorsätzlich falsche Anwendung des Rechts durch Amtsträger zum Nachteil der SGB II – Antragstellenden” vorgenommen.

Denn laut § 9 SGB X iVm § 37 SGB II müssen die Jobcenter ein formloses Verfahren zur Vereinfachung anbieten. Formlos bedeutet in diesem Kontext, dass die Kontaktaufnahme schriftlich, mündlich, per E-Mail oder per Fax möglich sein muss.

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Hartz IV: Jobcenter Hagen lehnt Emails ab – Experte wirft Rechtsbeugung vor

Nach unserer Berichterstattung kam das Thema auch in der allgemeinen Presse an, so dass sich das Jobcenter Hagen gezwungen sah, auf den Vorwurf einzugehen.

Jobcenter rechtfertigt sich und rudert zurück

Gegenüber “Der Westen” betonte die Behörde, dass das Amt über „viele unterschiedliche Eingangskanäle” erreicht werden könne. Auch der Kontakt per Mail soll weiterhin gestattet bleiben. „Diese gewährleistet für die Bürgerinnen und Bürger eine schnelle und digitale Möglichkeit, mit dem Jobcenter in Kontakt zu treten“.

Man wolle lediglich “empfehlen”, das Portal “Jobcenter.Digital” zu nutzen, da „bestimmten Anforderungsnotwendigkeiten” bestünden.

Zudem würde das Portal “Jobcenter.Digital” datenschutzkonform sein. Hier können Leistungsbeziehende und Antragstellende Unterlagen übersenden. „Über diesen Kommunikationsweg erreichen uns die Unterlagen innerhalb weniger Minuten und
werden direkt in die richtige Leistungsakte geroutet“, teilt das Jobcenter der Zeitung mit.

Email-Kontakt solle „nur vermieden“ werden

Man wolle daher “nur” darauf aufmerksam machen, dass die Kommunikation über Email vermieden werden solle. Die Behörde sieht zum Beispiel ein Problem bei der Übersendung von Anhängen, die oftmals viel zu groß seien und sich nicht öffnen ließen. Zudem würden über das Portal “unnötige Nachfragen” vermieden werden.

In den der Redaktion vorliegenden Emails an Leistungsbeziehenden war allerdings unmissverständlich zu lesen, dass eingehende Emails “nicht mehr bearbeitet” werden. Alternativ könne man nur auf dem Postweg oder per Einwurf in den Hausbriefkasten Anträge und Unterlagen übermitteln.

Wir bleiben dran

Nach dem Zurückrudern der Behörde ist nunmehr davon auszugehen, dass auch weiterhin Emails an die Behörde gesendet werden können. Wenn nicht, werden wir den Finger weiter in die Wunde legen.

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