Bürgergeld statt Hartz IV: Eingliederungsvereinbarung wird abgelöst

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Die Eingliederungsvereinbarung (EGV, §15 SGB II) war im Hartz IV System oftmals ein Instrument der Jobcenter, Hartz IV Beziehende unter Druck zu setzen. Die Eingliederungsvereinbarung soll nun im Zuge der Einführung des Bürgergelds durch den “Plan zur Verbesserung der Teilhabe” abgelöst werden.

Was ändert sich für Leistungsbeziehende? Können Verstöße gegen die Vereinbarung weiterhin sanktioniert werden?

Der neuen Kooperationsplan ab 1. Juli 2023

Die Eingliederungsvereinbarung heißt nun “Plan zur Verbesserung der Teilhabe”, kurz “Kooperationsplan”, und die Geltungsdauer “Kooperationszeit”.

Kommt der Leistungsbeziehende nach Auffassung des Jobcenters seiner Mitwirkungspflicht aus den darin getroffenen “Absprachen” nicht (ausreichend) nach, wird er durch Verwaltungsakt mit Rechtsfolgenbelehrung dazu aufgefordert. Jede danach erfolgende Pflichtverletzung wird dann sanktioniert.

Schlichtungsverfahren kann beantragt werden

Leistungsbezieher oder Jobcenter können ein Schlichtungsverfahren beantragen, wenn über den Inhalt des Kooperationsplanes keine Einigkeit besteht.

Eine Pflicht zur Schlichtung besteht nicht, sollte keine Einigung erzielt werden, wird der Kooperationsplan nach 4 Wochen unverändert als Verwaltungsakt erlassen.

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Was passiert mit den bestehenden Eingliederungsvereinbarungen?

Übergangsregelung: Bestehende Eingliederungsvereinbarungen gelten bis längstens 31.12.2023 nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen weiter, bis ein Kooperationsplan erstellt wurde. Das schließt Sanktionen ein.

Das Prinzip “Fordern” steht weiterhin an erster Stelle und mit Teilhabe hat das Ganze nach wie vor nicht das Geringste zu tun.

Leistungsbeziehende haben beim Kooperationsplan keine Möglichkeit, die für das Jobcenter darin vereinbarten Pflichten einzufordern, da es sich hierbei nicht um einen Vertrag i.S.d. §§ 53 ff SGB X handelt, sondern eine reine Absichtserklärung.

Fakt ist, dass hierbei die sog. “Waffengleichheit” nicht gewahrt ist. Ob aus nicht rechtsverbindlichen Absprachen das Recht des Jobcenters zum Erlass von Verwaltungsakten abgeleitet werden kann, darf erheblich bezweifelt werden und muss von der Rechtsprechung geklärt werden.

Eingliederungs- und Weiterbildungsmaßnahmen ab 1. Juli 2023

Leistungsbezieher werden mit einem “Bürgergeldbonus” i.H.v. monatlich 75 Euro für die Teilnahme an solchen Maßnahmen geködert belohnt.

Wird gegen eine Pflicht aus dem Kooperationsplan verstoßen, entfällt der Anspruch auf den Bonus dauerhaft.

Ganzheitliche Betreuung beim Bürgergeld ab 1. Juli 2023

Neu ist die ganzheitliche Betreuung (“Coaching und aufsuchende Sozialarbeit”). Das Jobcenter kann diese anordnen, oder in einem Kooperationsplan festlegen. Leistungsbeziehende werden dann faktisch rund um die Uhr in allen Lebensbereichen überwacht und angeleitet.

Das Jobcenter erfährt so buchstäblich alles über Leistungsempfänger und darf diesen de facto vorschreiben, wie sie zu leben haben.

Damit diese umfassende Einmischung Dritter in höchstpersönliche Lebensbereiche nicht per se verfassungswidrig ist, darf die Verweigerung der Mitwirkung bei einer solchen Maßnahme nicht sanktioniert werden. (fm, sb)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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