Betrug mit Pflegegeld: Mutter entdeckt 700-Euro-Fehler und kämpft sich durch

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Im deutschen Gesundheitswesen gehen jedes Jahr Millionen verloren, weil Pflegedienste, Praxen oder Kliniken Leistungen abrechnen, die nie stattgefunden haben. Allein 2022 und 2023 summierte sich der Schaden laut Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) auf mehr als 200 Millionen Euro. Wer seine Abrechnungen konsequent prüft, stoppt diese Geldverschwendung – und schützt das eigene Budget.

200 Millionen Euro Schaden in zwei Jahren: So groß ist das Problem

Die Prüfer der Krankenkassen fanden 2022 und 2023 in allen Versorgungsbereichen Fehler, Falschabrechnungen oder handfesten Betrug. Fast ein Drittel der Summe entfiel dabei auf die Pflege. Patientinnen und Patienten merken davon oft erst etwas, wenn ihnen auf wundersame Weise Leistungen fehlen oder das private Pflegebudget schrumpft.

Pflege als Brennpunkt: 62 Millionen Euro unrechtmäßig kassiert

Pflegedienste rechnen am häufigsten nicht erbrachte Hilfeleistungen oder Personal mit unzureichender Qualifikation ab. Die Folge: Das Geld für haushaltsnahe Dienstleistungen, Kurzzeit oder Verhinderungspflege ist schneller verbraucht als geplant – zulasten der Betroffenen.

Realer Fall: Verwechslung kostet eine Familie 700 Euro

Eine Mutter aus Bayern betreut ihre Tochter mit Pflegegrad 2.
Als sie den Jahresauszug der Pflegekasse prüfte, fehlten 700 Euro.
Ursache: Der Pflegedienst hatte Leistungen einer anderen Kundin auf das Konto der Tochter gebucht.

Dank hartnäckiger Nachfragen bekam die Familie das Geld zurück. Doch selbst die nachträgliche Stornorechnung enthielt einen weiteren Fehler – dieses Mal vonseiten der Kasse. Ohne Kontrolle wäre der Zustand unbemerkt geblieben.

Warum die Abtretungserklärung zur Falle werden kann

Damit Pflegedienste direkt mit der Kasse abrechnen können, unterschreiben Pflegebedürftige meist eine Abtretungserklärung. Der Vorteil: Niemand muss in Vorleistung gehen. Der Nachteil: Die Rechnungen gehen nicht mehr über den eigenen Schreibtisch – Prüfen wird zur Detektivarbeit.

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Zweiter Fall: Pflegedienst schreibt Krankenhauszeit ab

In Nordrhein-Westfalen stellte ein ambulanter Pflegedienst Zeiten in Rechnung, in denen der Patient nachweislich stationär im Krankenhaus lag. Die Kasse bemerkte die Ungereimtheit erst, als die Versicherte selbst Alarm schlug. Bei einer tieferen Prüfung tauchten weitere Doppelabrechnungen auf; die Staatsanwaltschaft ermittelte, der Schaden wurde erstattet.

Warum sich Kontrolle für Sie auszahlt

  • Budget sichern: Jeder unberechtigt abgebuchte Euro fehlt später für dringend benötigte Hilfe.
  • Betrug eindämmen: Konsequentes Melden schreckt schwarze Schafe ab und schützt das Solidarsystem.
  • Rechtliche Sicherheit: Wer früh reagiert, vermeidet langwierige Rückforderungen oder gar Mahnverfahren.

So prüfen Sie Ihre Abrechnungen Schritt für Schritt

1. Abrechnung sofort anfordern
Fordern Sie bei jedem Pflegedienst und der Kasse eine monatliche Übersicht an.

2. Leistungen gegenprüfen
Vergleichen Sie jede Position mit Ihrem Pflegetagebuch oder Terminkalender. Stimmt der Umfang? Passt das Datum?

3. Unklarheiten schriftlich hinterfragen
Geben Sie dem Dienstleister eine kurze Frist zur Erklärung. Bleibt er Antworten schuldig, schalten Sie die Kasse ein.

Was tun, wenn Abrechnungen fehlerhaft sind?

Zuerst den Dienstleister ansprechen

Viele Fehler entstehen durch simple Verwechslungen und lassen sich zügig stornieren. Bitten Sie um eine korrigierte Rechnung und eine Gutschrift auf Ihr Pflegebudget.

Krankenkasse einschalten

Bleibt der Dienstleister untätig, informieren Sie die zuständige Pflege- oder Krankenkasse. Legen Sie Belege und Ihr Anschreiben bei. Die Kasse ist verpflichtet, den Vorgang zu prüfen.

Meldestelle für Fehlverhalten nutzen

Jede gesetzliche Kasse und der GKV-Spitzenverband betreiben Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Dort können Sie – auch anonym – Betrugsverdacht melden. Das schützt Sie vor möglichen Repressalien durch den Dienstleister.

Extra Tipp: Pflegetagebuch führen

Notieren Sie täglich, welche Hilfe wann und wie lange erbracht wurde. Ein simples Heft oder eine App reichen. So erkennen Sie Abweichungen auf einen Blick – und haben einen wasserdichten Nachweis gegenüber Dienstleistern, Kassen oder Gerichten.