Hartz IV: Erst Ein-Euro-Job, dann Bürgerjob und nun die marktwirtschaftliche Zwangsarbeit

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Im 15. Jahr des Bestehens von Hartz IV ist der Weg endlich frei, die marktwirtschaftliche Zwangsarbeit nach dem US-amerikanischen Vorbild “Workfare” in Deutschland einzuführen und so den Arbeitsmarkt und Sozialstaat zum Wohle der freien Marktwirtschaft weiter zu demontieren. Geplant hatte das die Hartz-Kommission schon für 2005, doch die SPD scheute aus Angst um die Wählergunst davor zurück, denn damals fehlte es noch an der gesellschaftlichen Akzeptanz für einen derart gravierenden Schritt. Also startete man erst die Versuche 1-Euro-Job und Bürgerjob, die jedoch marktwirtschaftlich floppten.

Doch mehr als ein Jahrzehnt Schreckgespenst Hartz IV hat gewirkt, der Makel ALG II zu beziehen ist heute so erniedrigend, die Angst davor sitzt in der Bevölkerung heute so tief, dass sich jeder Bürger davon so weit als möglich distanziert.

Deshalb ist die gesellschaftliche Akzeptanz für staatliche Zwangsarbeit in Deutschland heute wieder gegeben. Das weiterentwickelte deutsche Workfare Konzept der CDU wurde unter der ebenso verharmlosenden wie irreführenden Bezeichnung “Teilhabechancengesetz” am 01.01.2019 Teil des SGB II.

Doch anders als beim US-amerikanischen Vorbild müssen Arbeitslose nicht für die staatliche Grundsicherung des SGB II arbeiten, das würde nur für eine Halbtagsstelle reichen und die wäre für Arbeitgeber nicht profitabel genug.
Stattdessen erhalten Arbeitslose für die vom Jobcenter unter Androhung des Leistungsentzuges zugewiesene Arbeit ganz regulär (Mindest)Lohn – natürlich ohne dabei Ansprüche auf ALG I zu erwerben – und die Arbeitgeber bekommen vom Staat direkt die Lohnkosten erstattet, natürlich aus Steuermitteln.

Damit setzt die CDU das ursprüngliche Konzept von Hartz IV fort, welches darin besteht, mittels staatlicher Lohnsubventionen und bei massiv beschnittenen Rechten einen parallelen Arbeitsmarkt auf dem Niveau des Existenzminimums zu schaffen. Das Ziel: Profitmaximierung.

Und damit ja nichts schief läuft und keiner “aus der Reihe tanzt”, wird jeder Arbeitslose für die Dauer dieser befristeten Zwangsarbeit auch noch zwangsweise gecoacht, am Arbeitsplatz und zu Hause.

Wenn also Papi demnächst nach langer Arbeitslosigkeit wieder früh zur Teilhabe-Chancen-Zwangs-Arbeit geht, begleitet von seinem persönlichen JC-Coach, kann der Nachwuchs in der KiTa stolz erzählen, dass Mami und ihre Kolleginnen mit ihren Lohnsteuern den Job von Papi bezahlen, damit Papi – anstelle der freiwilligen Hausaufgabenbetreuung in der Schule – wieder richtig arbeiten darf und der Arbeitgeber dabei noch reicher wird, weil ihn die Arbeit von Papi nichts kostet.

Das stärkt ganz sicher das Selbstwertgefühlt von Papi, macht den Nachwuchs stolz und bringt viele neue Freunde (z.B. den JC-Coach). Und es stärkt ganz sicher den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und in der Firma, denn dort sind alle glücklich über die neue kostenlose Arbeitskraft.

Und sollte Papi doch mal Sorgen haben, kann er sich damit jederzeit an seinen JC-Coach wenden, der sitzt ja gleich neben ihm im Wohnzimmer auf der Couch. Gut gemacht, liebe CDU. (Zur Klarstellung: Nur der zweite Absatz ist ironisch gemeint, der erste ist leider bitterer Ernst.) (Ottokar, hartz.info)