Hartz IV: CDU fordert 75 Euro Gerichtsgebühr

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Hartz IV: Die CDU fordert 75 Euro Gerichtsgebühr für ALG II-Empfänger

03.01.2011

Nach dem Willen von Union und FDP, diesmal geäußert vom rechtspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Brandenburger Landtag, Danny Eichelbaum, sollen ALG II-Empfänger für Klagen an Sozialgerichten eine generelle Gebühr von 75 Euro zahlen. Dies begründet er damit, dass 10% bis 20% der Klagen unberechtigt wären, diese sollten so deutlich reduziert werden, um den Sozialgerichten die Arbeit zu erleichtern. Schon beim überfliegen dieser Aussagen erweist sich die von Herrn Eichelbaum geäußerte Begründung als äußerst unlogisch, denn die Sozialgerichte werden nicht durch die 10% bis 20% der unberechtigten Klagen belastet, sondern durch die 80% bis 90% der erfolgreichen Klagen. Also steckt doch, wie so oft, ein ganz anderer Grund dahinter.

Warum sind eigentlich so viele Klagen erfolgreich?
Da es seit 2005 bei den Leistungsträgern des SGB II (Jobcenter) üblich geworden ist, nach Gutdünken Rechtsbeugung und -missbrauch zu betreiben, indem ALG II-Empfängern die ihnen, lt. Gesetz und höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, zustehenden Leistungen trotz Anspruch vorenthalten bzw. verweigert werden, ist eine Klage für den ALG II-Empfänger oftmals die einzige Möglichkeit, die ihm gesetzlich garantierte und somit zustehende Leistung zu erhalten und somit für ihn überlebensnotwendig.

Was würde nun passieren, würde man diese, von Union und FDP schon lange, sogar in dieser Höhe, geforderte Gebühr einführen?
Die Zahl der unberechtigten Klagen würde sich tatsächlich deutlich verringern, aber ebenso die der berechtigten Klagen, was klar erkennbar das eigentliche Ziel ist. Ginge es tatsächlich darum, die Last der Sozialgerichte zu verringern, wäre dazu eine klare Gesetzgebung erforderlich, wie sie der Sozialgerichtstag schon lange fordert. Tatsächlich geht es jedoch allein darum, die Kosten für die Sozialleistungen, welche die Jobcentern durch die große Zahl der erfolgreichen Klagen an ALG II-Empfänger zahlen müssen, zu verringern. Sozialleistungen, welche den Betroffenen zustehen und oftmals überlebensnotwendig sind.

Für dieses Ziel ist die Gebühr wie geschaffen, denn 75 Euro bedeuten für einen Hartz-IV-Empfänger 19 Tage essen und trinken, und da ein gesunder Mensch bekanntermaßen max. 14 Tage ohne Essen überleben kann, ohne ernsthafte gesundheitliche Schäden oder gar seinen Tod zu riskieren, wäre eine Klage vorm Sozialgericht für jeden ALG II-Empfänger, die aufgrund dessen, für eine gesunde Ernährung bewiesenermaßen unzureichenden Regelsatzes ohnehin mangelernährt sind, zweifelsohne tödlich. Sie/Er wäre lange verhungert, bevor die Klage überhaupt verhandelt würde. Dass diese Gebühr im Fall einer erfolgreichen Klage erstattet würde, ändert daran nichts, denn so lange fehlt das Geld erst mal zur Sicherung der Existenz. ALG II-Empfänger könnten es sich dann einfach finanziell nicht mehr leisten, zu klagen, und die Jobcenter könnten das Geld, was eigentlich den ALG II-Empfänger zusteht, behalten. Genau das ist das Ziel von Union und FDP.

Ist das eine der Methoden der CDU, die Zahl der Hartz-IV-Empfänger im Jahr 2011 wie geplant zu verringern?
Diese Idee, Hartz-IV-Empfängern so den Zugang zu den Sozialgerichten zu verschließen und damit die meist einzige Möglichkeit, die ihnen zustehenden existenzsichernden Leistungen zu erhalten, besteht seit der Einführung von Hartz IV (was die wahren Gründe für Hartz IV beweist) und wird von Union und FDP immer mal wieder ins Licht der Öffentlichkeit geholt, um durch gezielte Pressemeldungen die Akzeptanz in der breiten Öffentlichkeit zu überprüfen. Sobald diese das widerstandslos hinnimmt, wird zweifelsohne das zugehörige, und sicher der schon fertig formulierte, Gesetzesbeschluss präsentiert und im Parlament durchgewunken.

Es ist äußerst traurig und beschämend für Deutschland, dass Bedürftige, die am untersten Ende der sozialen Scala angekommen sind, massenhaft gegen den Staat wegen laufenden, meist willkürlichen und unverschämten, Betruges um ihnen zustehende Sozialleistungen vorgehen müssen. Denn um nichts Anderes handelt es sich hierbei.

Wenn man sich die Zahl dieser Klagen ansieht, ist das zudem nur der Gipfel des Eisberges, denn die Dunkelziffer derjenigen, die sich nicht wehren, weil sie ihre Rechte nicht kennen, sich nicht trauen, oder einfach mental zu erschöpft sind, ist enorm hoch.
Wer bei all diesen Fakten immer noch von einem Klagephänomen spricht, hat nicht begriffen, dass Hartz IV selbst die Ursache ist, denn nichts anderes hat Hartz IV zum Zweck: Einsparungen an Sozialleistungen auf Teufel komm raus unter bewusster Missachtung aller Rechte Betroffener. Das hätte sich vor 2005 keine Behörde getraut, aber mit Hartz IV haben sie dafür einen Freifahrtschein erhalten. (fm)