Einsparungen bei den Wohnkosten führen zur Wohnkostenlücke
Die Linke im Bundestag startete eine umfassende Anfrage an die Bundesregierung zu nicht in Anspruch genommener Hartz IV- und weiterer Sozialleistungen, sowie zu der Quote der Nicht-Inanspruchnahme von SGB II – und SGB XII Berechtigten bei den Unterkunftskosten. Die Zahlen machen deutlich, dass die Bundesregierung Milliarden einspart- zum Leidwesen der Anspruchsberechtigten.
Hartz IV Beziehende, Aufstockende und arme Renter/innen bekommen eigentlich laut den Sozialgesetzgebungen Wohnkosten bezahlt. Hier gelten die angemessenen “Kosten der Unterkunft”, die von den den Städten und Landkreisen festgelegt werden.
Zu niedrig bemessene Unterkunftskosten
Zwar klingt das auf dem ersten Blick vernünftig, allerdings setzen die meisten Kommunen die “angemessenen” Unterkunftskosten derart niedrig an, dass es für die Betroffenen kaum möglich ist, eine Wohnung zu finden. Die Anfrage der Linken brachte zutage, dass im Jahre 2018 Leistungsberechtigte rund 538 Millionen Euro zu wenig für die Kosten der Unterkunft ausgezahlt bekommen haben. Diese „Wohnkostenlücke“ von 538 Millionen Euro mussten sich Hartz-IV-Betroffene im Jahr 2018 vom Munde absparen.
Besonders betroffen waren Bedarfsgemeinschaften mit Kindern. Hier mussten die Eltern etwa durchschnittlich 1.137 Euro im Jahr zusätzlich für die Miete aus den Regelsätzen aufbringen.
“Wir reden hier von Menschen, die sowieso jeden Euro dreimal umdrehen müssen. Wer die Wohnkostenlücke nicht vom Munde absparen kann, ist gezwungen umzuziehen. Oft bedeutet dies, dass Ärmere Menschen vor Ort keine neue Wohnung finden und deshalb zunehmend in einem Stadtteil konzentriert leben. Der Abschied aus dem vertrauten Wohnumfeld ist gerade für Ältere, für Menschen mit Behinderungen und Alleinerziehende eine besondere Härte”, so Katja Kipping, Co-Vorsitzende der LINKEN.
Ausufernde Mietpreissteigerungen werden ignoriert
Die ausufernden Mietsteigerungen gerade in den größeren Ballungszentren machen nämlich auch nicht vor Hartz IV Beziehende Halt. Die Mieterhöhungen werden aber von den Jobcentern oft ignoriert. “538 Millionen mussten sich Hartz-IV-Betroffene 2018 vom Munde absparen – seit dem Beginn der statistischen Erfassung 2011 bis 2018 insgesamt sogar 4,8 Milliarden Euro”, so Kipping.
Dabei handelt es sich keineswegs um Kleinstbeträge. Etwa 80 EUR im Monat (985 Euro im Jahr) mussten Hartz IV Beziehende zusätzlich aus den Regelsatzzahlungen aufbringen, um nicht von einem Zwangsumzug betroffen zu sein. Dieses Geld fehlt dann wieder für andere wichtige Dinge, wie gesunde Lebensmittel, Kleidung, Reparaturen oder Kultur.
Ein Drittel bis fast 50 Prozent der Leistungsberechtigten verzichten auf Hartz IV
In einer weiteren Frage wollte die Linke von der Bundesregierung wissen, wie viele Menschen in Deutschland Hartz IV Leistungen nicht in Anspruch nehmen, obwohl sie eigentlich einen Anspruch hätten. Hierzu konnte die Regierung keine genauen Angaben machen, berief sich aber auf eingehende Studien. Dabei kam zutage, dass die Quote bei 33 bis 49 Prozent liegt. Das bedeutet, dass fast die Hälfte der Anspruchsberechtigten keinen Antrag auf Hartz IV stellt.
In einem früheren Artikel behandelten wir bereits dieses Thema. Studien konnten auch die Gründe ausfindig machen. Diese sind schnell zusammengefasst: Entweder die Betroffenen stellen keinen Antrag aus Unwissenheit, aus Scham oder aufgrund der Angst, Drangsalierungen seitens der Jobcenter erleben zu müssen. Zudem fürchten viele die Komplexität der Anträge.
Hartz IV-System setzt auf Abschreckung
Diese Punkte machen deutlich, dass das Hartz IV System auf Abschreckung setzt, um zig Millarden Euro einzusparen, die eigentlich für Sozialleistungen aufgebracht werden müssten. Würden zum Beispiel die Anträge vereinfacht, würden auch mehr Menschen einen Antrag stellen. Doch das will man offenbar verhindern.
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