Hartz IV-Behörde: Bürgerfreundlichkeit ist anders

Bündnis rief in Bonn zum Zahltag auf

04.11.2011

Ein Bündnis aus Erwerbsloseninitiativen und Mitgliedern der Linkspartei hatten heute am Bonner Jobcenter zu einem „Zahltag“ aufgerufen. „Zahltag“ hat sich mittlerweise als Aktions- und Protestform etabliert, um Erwerbslose im Amt solidarisch zu begleiten damit berechtigte Ansprüche durchgesetzt werden können, was oftmals einem Betroffenen alleine nicht gelingt. Die Bonner Hartz IV-Behörde scheint diese Aktionsform des Protests überhaupt nicht zu mögen und sorgte heute für ein zusätzliches Aufgebot an Sicherheitsmitarbeitern. Zudem mussten sich die Menschen in eine lange Schlange auf dem Bürgersteig einreihen, weil es nur Einzeleinlass gab *. Selbst Mütter mit Kleinkindern mussten so draußen warten. Die Mitglieder des Bündnisses betrachteten das Verhalten des Jobcenters als bewusste Provokation, um die Wartenden gegen die Protestierenden aufzuwiegeln, was aber nicht gelang.

Trotz der verschärften Bedingungen nahmen viele der Betroffene das Angebot der solidarischen Begleitung und Beratung an und führten den „Zahltag“ zum Erfolg. Die lange Schlange auf dem Bürgersteig kommentiere ein Passant mit: „Bürgerfreundlichkeit ist anders!“

Das Erwerbslosen Forum Deutschland wirft der Bonner Politik vor, dass sich trotz ihrer größeren Einflussnahmemöglichkeiten nach der Jobcenterreform 2011 und dem bekundeten Willen nach Verbesserungen, sich die Verhältnisse in der Hartz IV-Behörde drastisch verschlechtert hätten. „Zunehmend erfahren wir von wochen- bis monatelangen Verschleppungen von Anträgen auf die überlebenswichtigen Hartz IV-Leistungen. Das endet dann im finanziellen Desaster und einem Spießrutenlaufen“, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.

Der Umgang einiger Mitarbeiter mit Hartz IV-Betroffenen ist schikanös, Menschen mit Migrationshintergrund klagen immer öfter über schlechte Behandlung und falsche Bescheide. So kommt es beispielsweise vor, dass Kinder in Familien nicht mitberechnet oder nicht nachvollziehbare Kürzungen und Anrechnungen vorgenommen werden. Wir sehen eine Zunahme von zum Teil sehr willkürlichen Sanktionen, die in den allermeisten Fällen zu unrecht erfolgen. In vielen Fällen konnte unsere Beratungsstelle hier hilfreich zur Seite stehen“, sagte Behrsing. Das Erwerbslosen Forum bietet neben seinem Onlineangebot auch eine Sozialrechtsberatung in Bonn an, die immer gut besucht ist.

Erfreuliches
In einem Fall konnte heute erreicht werden, dass für ein vier Monate altes Baby nunmehr Leistungen ausbezahlt werden. Der junge Vater war schon ziemlich verzweifelt und glaubte kaum noch, dass er jemals für sein Kind Hartz IV-Leistungen erhält. Auch die anwesende Polizei zeigte Verständnis und Interesse am Anliegen der Demo und nahm freundlich die Infos entgegen. „Mich interessieren die Anliegen der Bürger sehr“, so ein anwesender Polizist. (Elo)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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