Hartz IV: Arge verweigert Eingangsbestätigung

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Rathaus Wuppertal macht dicht: Die Stadt beendet ihre bürgerfreundliche Praxis und nimmt keine ARGE-Unterlagen mehr gegen Eingangsbestätigung an.

(Wuppertal, 18.08.2010) In der Poststelle des Wuppertaler Rathauses können laut Anweisung von „oben“ Unterlagen, die für die ARGE Wuppertal bestimmt sind, nur noch direkt in einen Briefkasten eingeworfen werden. Eingangsbestätigungen für BezieherInnen von Arbeitslosengeld II (Alg II) werden dort jedoch nicht mehr ausgestellt. Bis vor kurzem hat die Stadt Wuppertal Betroffenen noch die Möglichkeit eröffnet, Unterlagen und Schreiben für die ARGE, im Rathaus einzureichen und sich dort schnell und unkompliziert einen Eingangsstempel geben zu lassen. Diese Gelegenheit, einen gerichtsfesten Nachweis für die Abgabe von Dokumenten zu erhalten, wurde damit verbaut.

Erwerbslose müssen der ARGE leistungsrelevante Änderungen angeben und dafür häufig schriftliche Belege einreichen: Lohnabrechnungen, Vermieterbescheinigungen, Änderungsmitteilungen aber auch Anträge und Widersprüche. „Unterlagen, die bei der ARGE Wuppertal per Post oder direkt im Haus eingereicht werden, erreichen überdurchschnittlich oft nicht den zuständigen Sachbearbeiter oder verschwinden gänzlich“, erklärt Rechtsanwältin Sonja Schacht. „Zwei Drittel meiner MandantInnen haben dort bereits Erfahrungen mit verloren gegangenen Dokumenten gemacht.“ Dies führt dazu, dass Unterlagen mehrfach eingereicht werden müssen, dass Kürzungen des Alg II vorgenommen oder Leistungen zurückgefordert werden. Schlimmstenfalls können verloren gegangene Unterlagen sogar Ordnungsgelder oder Strafanträge bei betroffenen Personen zur Folge haben.

Die ARGE Wuppertal ist selbst nicht bereit, Poststellen einzurichten, um Alg II-Beziehenden die Sicherheit einer Eingangsbestätigung zu geben. Der Erwerbslosenverein Tacheles e.V. fordert die Schaffung solcher Stellen bereits seit Jahren vergeblich. Daraufhin hatte ARGE-Geschäftsführer, Thomas Lenz, öffentlich verkündet, dass Eingangsstempel nunmehr von den Beschäftigten der sieben Wup-pertaler Geschäftsstellen vergeben würden. „Es passiert trotzdem noch häufig, dass Leistungsbezieher, die zur Erteilung von Eingangsbestätigungen oft sehr lange warten müssen, von den MitarbeiterInnen der ARGE mit abstrusen Begründungen abgewiesen werden“, berichtet Susanne Scherer, ehrenamtliche Mitarbeiterin von Tacheles. „Manchmal gibt’s keinen Stempel, manchmal haben sie keine Zeit…“

Da LeistungsbezieherInnen den Eingang von Unterlagen bei der Behörde nachweisen müssen, besteht zurzeit nur noch die Möglichkeit, entweder für eine Bestätigung lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen, Unterlagen unter Zeugen in die Hausbriefkästen der ARGE zu werfen oder Faxgeräte mit Faxsimile-Sendebericht zu nutzen. Die ARGE und die Stadt Wuppertal fordert der Erwerbslosenverein auf, Rechtssicherheit zu schaffen und die unzumutbaren Zustände dem Standard der deutschen Behördenrepublik anzupassen. (Frank Jäger, Tacheles-Onlineredaktion)

Anmerkung:
Nach unserer Kenntnis findet überall in der Republik das gleiche absurde Theater statt. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte festgestellt, dass die Betroffenen beweispflichtig sind, hier für die Einreichung eines Weiterbewilligungsantrages (Urteil vom 17 April 2008, Aktenzeichen: L 9 AS 69/07).

Die ARGE Bochum stellte in 2007 die Bestätigung der Abgabe von Unterlagen ein. Angeblich wurde das in einer MitarbeiterInnen-Besprechung so gewünscht, weil das zu sehr aufhalten würde. Auf unsere Bemühungen hin wurde vom damaligen Geschäftsführer, Herrn Withake, eingerichtet, dass täglich für eine Stunde und nur am zentralen Standort Empfangsbestätigungen ausgegeben wurden. Allerdings wussten die MAs selbst oftmals nichts davon. Nun druckt die ARGE BO an ihren „Kundentheken“ schon seit längerer Zeit auf Anforderung eine Kopie ihres Vermerks aus. Dort steht neben Datum und Uhrzeit der Name des/der SBs, die Art des Kontaktes (persönlich), und im "Betreff" max. eine Zeile Text z.B.: "Kunde reicht Widerspruch ein, weitergereicht an Team XXX" oder: "Kunde meldet sich von OA zurück". Das hat nicht unbedingt Beweiskraft, unterstützt aber eine Glaubhaftmachung. (Dipl. rer. soc. Norbert Hermann; Unabhängige Politik- und Sozialberatung)