Hartz IV: Achtung Lebensgefahr in der ARGE

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Achtung Lebensgefahr bei ARGE und Sozialgericht

Ein Hartz-IV- Empfänger aus Bochum ist seit Wochen ohne seine lebenswichtigen Medikamente. ARGE Bochum und Sozialgericht Dortmund sehen tatenlos zu.

Bochum/Bonn. Eigentlich war das Leben für Jürgen Hoffman aus Bochum nach 2 Herzinfarkten, Diabetes und Asthma einigermaßen erträglich, da er regelmäßig Medikamente einnehmen konnte. Bis er Anfang April von der ARGE Bochum bescheid bekam, dass sein ALG II mit sofortiger Wirkung eingestellt würde und er fortan nicht mehr krankenversichert sei, weil plötzlich sein Miteigentumsanteil an einer selbst genutzten Immobilie nicht mehr akzeptiert wird und ihm der Verkauf nahe gelegt wurde. Ausdrücklich hat der Gesetzgeber gewollt, dass selbst genutztes Eigentum unter einem besonderen Schutz steht und die Eigentümer nicht ihr Wohneigentum verkaufen müssen.

Dagegen hatte Jürgen Hoffmann Widerspruch eingelegt und da dieser bis Mai –trotz der ARGE bekannten Dringlichkeit – noch nicht bearbeitet war am 10.05. um einstweiligen Rechtsschutz im Eilverfahren beim Sozialgericht Dortmund nachgesucht, da sein Medikamentenvorrat nur begrenzt war und danach akute Lebensgefahr droht. Eine weitere Beleihung seines Eigentums war wegen seiner Arbeitslosigkeit durch die Bank nicht mehr möglich. Für das Erwerbslosen Forum Deutschland inzwischen nichts Unbekanntes mehr. „Uns fällt auf, dass immer mehr Kommunen in Deutschland dazu übergehen ALG II-Empfänger zum Verkauf ihres Eigentums zu nötigen und das Geld erstmal selbst zu verbrauchen. Eine völlig rechtswidrige Praxis und viele Betroffene wissen sich nicht zu wehren“, so Martin Behrsing, Erwerbslosen Forum Deutschland.

Am 30.05.06 nahm Herr Hoffmann seine letzte Insulintablette, am 22.06.06 seine letzte Asthma¬tablette, was dem Gericht und der ARGE Bochum mitgeteilt wurde. Der Sommer wurde heiß und die Atembeschwerden nahmen zu. Um eine kurzfristige Lösung zu erreichen telefonierte sein Rechtsanwalt M. Reuchner am 12.06 mit der Leitung der ARGE Bochum. Doch statt eine Lösung zu finden, wurde ihm mitgeteilt, dass die Geschäftsführung der ARGE Bochum, Frau Schomburg persönlich den Fall negativ entschieden habe und keine Hilfsmöglichkeiten sehen wollte. Auch das zuständige Sozialgericht in Dortmund hatte bis heute nicht entschieden und lässt seit dem Schriftsätze zwischen der ARGE und dem Rechtsanwalt zur Stellungnahme hin und her wandern. Zuletzt am 12.06. wegen einer Kontobewegung in Höhe 124.15 EUR. Eine Entscheidung scheint nicht nach über zwei Monaten nicht in Sicht, trotz EILVERFAHREN. „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom letzten Jahr, wonach den Sozialgerichte im Eilverfahren auferlegt wurde, sich schützend vor dem Bürger zu stellen, scheint in Dortmund keinen großen Erinnerungswert zu haben“, so Martin Behrsing.

Das Atmen fällt Herrn Hoffmann immer schwerer. Ihm fehlen 429,17 € für die Me¬dikamente. Die ARGE sieht keine Hilfsmöglichkeit und das Gericht entschei¬det nicht. Voller Zynismus resümiert Rechtsanwalt Reuchner, dass sein Mandant zum Glück einen Anwalt bevollmächtigt hat. Sollte dieser bei einem Asth¬maanfall und vollem Bewusstsein ersticken, kann der Anwalt wenigstens den Antrag bei der ARGE zurücknehmen und dem Gericht die Erle¬digung des Rechtsstreits mitteilen. Dann hat alles wieder seine Ordnung.

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Neues:
Die Lebensgefahr bei ARGE und Sozialgericht eventuell am Freitag vorbei?
Sozialgericht Dortmund setzt kurzfristig für Freitag einen Termin an

Mit viel Glück könnte sich für Jürgen H. aus Bochum am Freitag das Blatt wenden und er wäre wieder krankenversichert. Das Sozialgericht Dortmund hat heute kurzfristig für Freitag einen Termin angesetzt, wo die Angelegenheit erörtert werden soll.

Die Arge Bochum hatte die Zahlung seines Arbeitslosengelds II zum 1. April 2006 eingestellt hatte(siehe Pressemeldung vom 18.07.2006). Deshalb konnte sich Jürgen H. kein Insulin mehr leisten, da er seit April nicht mehr krankenversichert ist. Der Diabetiker und Asthmakranke erlitt zuvor schon zwei Herzinfarkte. Die ARGE hält dagegen: Als Miteigentümer eines Miethauses und könnte er eine Wohnung verkaufen. So einfach ist es nun doch nicht. Als Vermögen ist nur verwertbares Vermögen zu berücksichtigen und genau diese Verwertbarkeit ist fraglich. Der Miteigentumsanteil nicht weiter beleihbar und mangels Einverständnisses des anderen Miteigentümers auch nicht kurzfristig zu verkaufen. Dies war laut Auskunft des Rechtsanwaltes M. Reucher der ARGE Bochum bekannt und auch belegt worden.

„Erstaunlich war für uns gestern die eilige Reaktion und Gegendarstellung der ARGE Bochum, indem sie jede Schuld von sich wies und auf das laufende Verfahren verwies, weshalb ihr angeblich die Hände gebunden sein. Tatsächlich ist die ARGE Bochum Herrin des Verfahrens und kann jederzeit ALG-II als Darlehen gewähren. Damit wäre eine Eilentscheidung obsolet. Der ARGE Bochum ist es ohne weiteres zu zumuten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, darlehensweise ALG-II zu gewähren. Dabei hätte sie mittels einer Hypothek auf den Miteigenanteil von Jürgen H. das Darlehen absichern können“. Für uns unverständlich, warum dies nicht passiert ist,“ so Martin Behrsing, Erwerbslosen Forum Deutschland.

Weitere Informationen finden Sie unter http://www.erwerbslosenforum.de

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