FDP, CDU und Afd befinden sich derzeit in einem Überbietungswettbewerb, bei dem die Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld ins Visier genommen werden. Arbeitspflicht, Kürzungen der Regelleistungen und schärfere Sanktionen sind nur einige der Forderungen, die derzeit vor allem von diesen Parteien erhoben werden. Sie warnen vor dem “Missbrauch des Sozialstaates”. Wir erklären, warum diese Debatte eine Scheindebatte ist.
Die Falsche Richtung: Härtere Überprüfung von Bürgergeldbeziehern
Die FDP hat angekündigt, dem “Missbrauch des Sozialstaates entschieden” entgegenzutreten. So sollen Bürgergeld-Beziehende härter überwacht und bestraft werden. Dabei sind Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger bereits überdurchschnittlich häufigen Überprüfungen der Jobcenter ausgesetzt.
Sie müssen alles rechtfertigen, Kontoauszüge vorlegen, Geldgeschenke von Verwandten rechtfertigen, jede Veränderung mitteilen. Zusätzlich statten die Jobcenter Hausbesuche ab und überprüfen die Lebenssituation der Leistungsbeziehenden.
Einkommensmillionäre werden immer seltener überprüft
Doch die Realität zeigt, dass eine Bevölkerungsgruppe auffallend selten ins Visier der Behörden gerät: Einkommensmillionäre und -millionärinnen.
Diese Gruppe muss nur äußerst selten mit einer Steuerprüfung rechnen, wie eine Kleine Anfrage der Linksfraktion an die Bundesregierung zeigte. In den letzten zehn Jahren hat sich die Quote der Steuerprüfungen für diese Einkommensgruppe sogar halbiert.
Ein genaueres Hinsehen lohnt sich: Im Jahr 2022 mussten von 870 geprüften Millionären satte 661 eine Steuernachzahlung leisten, und nur knapp sechs Prozent aller Einkommensmillionäre wurden überhaupt einer Prüfung unterzogen. Somit wäre es naheliegender, wenn die FDP-Fraktion ihren Einsatz nicht an Andrea Nahles, die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, richten würde, sondern an Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Ablenkungstaktiken statt soziale Gerechtigkeit
In der Debatte um das Bürgergeld kommen auch Vermutungen auf, dass Beschäftigte aufgrund der Möglichkeit des Bürgergeldbezugs gekündigt hätten.
Dies führt zu einem weiteren Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Problemen. Die Realität sieht nämlich anders aus. Viele Arbeitsplätze, insbesondere in der Reinigungsbranche, sind schlecht bezahlt.
Niedriglohn ist das Problem
Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit liegt das Mediangehalt in diesem Sektor bei gerade einmal 2276 Euro brutto, nur knapp über dem Mindestlohn.
In einem Land, in dem viele Menschen von der Hand in den Mund leben, obwohl sie hart arbeiten, sollte die Debatte sich eher auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Schaffung von sozialer Gerechtigkeit konzentrieren, anstatt von vermeintlichem Missbrauch des Bürgergeldes zu sprechen.
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