Die geplante Kindergrundsicherung scheint zu scheitern. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprach sich mit Verweis auf “leere Kassen” gegen die Einführung aus. Dabei zeigte Lindner Unkenntnis über die Anrechnung des Kindergeldes beim Bürgergeld.
Millionen Kinder sind arm
Jedes 5. Kind gilt in Deutschland als arm. Das sind rund 3 Millionen Kinder. Arme Kinder leiden nicht nur unter schlechter Ernährung und unzureichender ärztlicher Versorgung. Sie haben auch schlechtere Chancen auf Bildung. Ihre Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe und sozialen Beziehungen sind ebenso stark eingeschränkt, da sie von vielen Bereichen des Lebens – Kinobesuche oder Musikunterricht – ausgeschlossen sind.
Zum 1. Januar wurde das Kindergeld für die ersten drei Kinder auf jeweils 250 Euro pro Monat erhöht. Das Problem: Das Kindergeld wird zu 100 Prozent auf das Bürgergeld angerechnet. Egal wie hoch das Kindergeld ist, es kommt nicht bei den eigentlich bedürftigen Kindern an.
Kindergeld wird vom Jobcenter wie Einkommen berechnet
Das Kindergeld wird also vom Jobcenter wie Einkommen angerechnet. Dies ist eigentlich systemwidrig, da der Kindergeldberechtigte in der Regel ein Elternteil ist. So geht jede positive Kindergelderhöhung spurlos an den Grundsicherungsempfängern vorbei.
Lindner hat sich nun gegen die Einführung einer Kindergrundsicherung ausgesprochen. Eigentlich sollte die neue Kindergrundsicherung ab 2025 eingeführt werden. Gleichzeitig sollte das heutige Kindergeld dafür abgeschafft werden.
Lindner verweist dagegen auf die Erhöhung des Kindergeldes zu Beginn dieses Jahres. Kinder seien durch die Kindergelderhöhung bereits vor Armut geschützt, so der Minister. Stattdessen müsse dafür gesorgt werden, dass die Eltern wieder in Arbeit kämen.
Überraschende Fachunkundigkeit
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands kritiserte die Unkenntnis Lindners als “politische Schaumschlägerei”.
“Das Kindergeld wird bei den Familien, die Hartz 4 beziehen, voll angerechnet. Von der Erhöhung bleibt bei diesen Familien deshalb nichts hängen. Das ändert sich auch nicht mit dem Bürgergeld”, kritisiert Ulrich gegenüber “nTV”.
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Ulrich Schneider zeigt sich zudem überrascht über Lindners “Fachunkundigkeit” in der Diskussion. Von den vier Millionen Bürgergeld-Beziehern sind mehr als eine Million Menschen bereits in Arbeit, können aber nicht davon leben. Darunter sind viele alleinerziehende Mütter. Schneider verweist darauf, dass es Zeit brauche, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, und dass es nicht sein könne, dass man die Kinder dieser Eltern so lange in Einkommensarmut hält.
Teilhabeleistungen keine Alternative
Stattdessen sollen die von Familienministerin Lisa Paus vorgeschlagenen Teilhabegutscheine helfen. Die Teilhabegutscheine werden von den betroffenen Familien jedoch nicht in Anspruch genommen werden können, warnt Ulrich, da die 15 Euro pro Monat und Kind nicht ausreichen.
“Wie sollen die Eltern die restlichen 45 Euro für den 60 Euro teuren Klavierunterricht aufbringen? Auch ein Fußballverein kostet deutlich mehr als 15 Euro im Monat, sei es die Sportkleidung oder die Fahrten zu Spielen und Trainingslagern.”
Deshalb sollten die Regelleistungen des Bürgergeldes deutlich angehoben werden. Denn die derzeitigen Leistungen für Familien für Kinder liegen unter der offiziellen Armutsgrenze. Gegen Armut helfe letztlich nur Geld, so Ulrich. Deshalb müssten die Regelleistungen um mindestens 30 Prozent steigen.
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