Der Strafverteidiger Henning Hirsch äußert sich kritisch zu der Behauptung, durch die Verschärfung der Bürgergeld-Regelungen im Zuge einer „Neuen Grundsicherung“ Gelder einzusparen.
Welche Vorschläge hat die Bundesregierung?
Hirsch fasst die Ansätze der Bundesregierung zu fünf Punkten zusammen:
“(1) Härtere Sanktionen (sprich: Kürzung des Regelsatzes) bei Versäumnissen (v.a. unentschuldigtes Fehlen bei Terminen)
(2) Regelsatz generell einfrieren (und nicht jährlich angelehnt an die Teuerungsrate erhöhen)
(3) Miet- und Heizkostendeckel absenken
(4) Zusatzleistungen (z.B. Weiterbildung, Umschulung) streichen
(5) Den Kreis der Leistungsempfänger auf deutsche Staatsbürger beschränken.”
Kürzung des Regelsatzes und Absenkung des Mietdeckels
Hirsch zufolge würde die Kürzung des Regelsatzes nicht nur spätestens vom Bundesverfassungsgericht wieder einkassiert werden, es „käme übers Jahr gesehen auch kein großer Batzen zusammen“. Dasselbe gelte für die Absenkung des Mietdeckels, den sowieso jeder Landkreis anders handhabe, und den Wegfall der Schulungsmaßnahmen.
Zahl der Leistungsberechtigten
Eine größere Summe könnte eingespart werden, wenn die Zahl der Leistungsberechtigten reduziert würde. Aktuell seien dies 5,5 Millionen Personen, davon 2,6 Millionen Ausländer, die wiederum in EU-Ausländer und Sonstige unterscheiden müsste.
Hirsch schreibt: „Hier kann man tatsächlich die Frage stellen, weshalb bspw. Ukrainer, die nie in Deutschland gearbeitet haben, aus dem ALG2-Budget finanziert werden. Da diese Gruppe aktuell 1.2 Mio Personen umfasst, ließen sich, wenn man sie vom Bürgergeldbezug ausschließt, mit einem Schlag 15-20 Prozent am Budget einsparen.“
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Bescheid prüfenDas wäre jedoch eine Augenwischerei, genauer gesagt, so Hirsch die Methode „linke Tasche, rechte Tasche“. Denn diese Menschen müssten dann statt mit Bürgergeld aus einem anderen Etat alimentiert werden, zum Beispiel mit Mitteln aus dem Asylbewerberleistungsgesetz. Unterm Strich würde also nichts gespart.
Er erläutert in einem Kommentar zusätzlich: „Ich persönlich habe kein Problem damit, dass die Ukrainer aus dem Etat Bürgergeld alimentiert werden. Wenn wir aber über (große) Einsparpotenziale an diesem speziellen Budget reden, ginge das einzig über die (drastische) Verkleinerung des Kreises der Anspruchsberechtigten.“
Weniger Leistungsbezieher durch Stimulierung des Arbeitsmarkts
Der Rechtsanwalt Heiko Habbe kommentiert dazu: „Reduzierung der Leistungsbezieher klappt am ehesten über Stimulierung des Arbeitsmarkts. Leider sehe ich da wenig von der aktuellen Regierung. Die sind zu beschäftigt, alles rückgängig zu machen, was die letzte in Richtung Transformation des Energie- und Verkehrssektors angeschoben hat.“
Was ist das Fazit des Juristen?
Hirsch fasst zusammen:
“(a) Kürzungen des Regelsatzes werden vor Gericht nicht bestehen
(b) Mieten- und Heizkostendeckel gibt es schon
(c) ob es sinnvoll ist, bei den Bildungs-/Schulungsmaßnahmen zu knausern, scheint zumindest zweifelhaft
(d) den größten Effekt würde man mit der Verkleinerung des Kreises der Anspruchsberechtigten erzielen. Diese Menschen müssten dann aber aus einem anderen Etat finanziert werden.“
An das echte Einsparpotenzial traut sich die Politik nicht
Hirsch vermutet, dass die Bundesregierung die Einsparungen beim Bürgergeld als Symbolpolitik führt: „Es drängt sich mithin der Eindruck auf, dass die Politik die unbestreitbar notwendigen Reformen des Sozialstaats aus Opportunitätserwägungen heraus (die große Gruppe der Rentner nicht verprellen) v.a. auf das Bürgergeld konzentriert.“ Hirsch schreibt: „in diesem Bereich (lässt sich) jedoch nicht annähernd so viel einsparen wie bei der Alterssicherung.“