EU-Bürger verlieren mit Jobwechsel nicht Hartz-IV-Anspruch: BSG: einjährige ununterbrochene Beschäftigung nicht erforderlich
15.07.2017
Für einen Hartz-IV-Anspruch müssen EU-Bürger nicht ununterbrochen mehr als ein Jahr in Lohn und Brot sein. Die gesetzliche Einjahresfrist wird auch erfüllt, wenn der EU-Ausländer in dieser Zeit bei zwei anderen Arbeitgebern – unterbrochen von einer kurzen Arbeitslosigkeit – tätig war, urteilte am Donnerstag, 13. Juli 2017, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 4 AS 17/16 R). Es sei dann von einer ausreichenden Integration in den deutschen Arbeitsmarkt und einem damit einhergehenden Hartz-IV-Anspruch auszugehen, vorausgesetzt, der EU-Ausländer übte bei seiner Arbeit keine „unwesentliche Tätigkeiten“ aus.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind EU-Bürger, die sich allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen. Anders sieht dies jedoch aus, wenn sie in den deutschen Arbeitsmarkt bereits integriert sind. So besteht ein unbefristeter Anspruch auf Arbeitslosengeld II, wenn sie länger als ein Jahr in Deutschland beschäftigt waren. Ein sechsmonatiger Hartz-IV-Anspruch besteht, wenn der EU-Ausländer zwischen einem halben und einem Jahr als Arbeitnehmer tätig war.
Im jetzt entschiedenen Fall hatte ein Grieche geklagt. Der Mann war von Dezember 2013 bis 15. Oktober 2014 in einem Restaurant beschäftigt. Es folgte eine zweiwöchige Arbeitslosigkeit, bis er für weitere vier Monate einen Job erhielt.
Als er schließlich beim Jobcenter Düsseldorf Hartz-IV-Leistungen beantragte, bewilligte ihm die Behörde diese nur für ein halbes Jahr. Um unbefristet Arbeitslosengeld II erhalten zu können, müsse er ununterbrochen mehr als ein Jahr gearbeitet haben. Hier habe er zwar mit beiden Beschäftigungen mehr als ein Jahr gearbeitet. Die Beschäftigungsdauer sei aber von der zweiwöchigen Arbeitslosigkeit unterbrochen worden. Für einen Arbeitslosengeld-II-Anspruch hätte er mehr als ein Jahr an einem Stück arbeiten müssen.
Da der Kläger mittlerweile verstorben war, machten die Erben die Ansprüche weiter geltend.
Das BSG verwies zwar das Verfahren an das Sozialgericht Düsseldorf zurück, da nicht genau festgestellt wurde, ob der Kläger tatsächlich als Arbeitnehmer beschäftigt war oder ob er nur „unwesentliche Tätigkeiten“ ausübte. Die Grundsatzfrage klärten die Kasseler Richter jedoch. Danach müsse ein EU-Ausländer für einen Hartz-IV-Anspruch nicht ununterbrochen einer Beschäftigung nachgegangen sein.
Es reiche aus, dass die Dauer von zwei Beschäftigungen, unterbrochen von einer kurzen Arbeitslosigkeit, insgesamt mehr als ein Jahr beträgt. Offen ließ der 4. Senat, ob auch bei häufigeren Jobwechseln und längerer Arbeitslosigkeit von einer Integration in den Arbeitsmarkt und einem sich daraus ergebenen Hartz-IV-Anspruch auszugehen ist. fle
Bild: H. Brauer – fotolia
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