Erwerbsminderungsrente: EM-Rentner bekommt 50.000 Euro Schadensersatz

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Behörden sind in Deutschland verpflichtet, Bürgerinnen und Bürger nicht nur bei der Beantragung von Leistungen zu unterstützen, sondern auch über mögliche weitere Ansprüche zu informieren.

“Diese Aufgabe nehmen viele Leistungsträger jedoch nicht ernst genug, was oft dazu führt, dass Betroffene nicht alle ihnen zustehenden Leistungen erhalten”, warnt angesichts des Urteils auch der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich ergangenen Urteil klargestellt, dass Behörden eine aktive Informationspflicht haben – auch dann, wenn die Leistung von einer anderen Behörde erbracht wird. Doch was bedeutet das genau?

Welche Verpflichtung haben Behörden gegenüber Bürgern?

In dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ging es um den Fall eines Klägers mit einem Grad der Behinderung von 100, der mehrere Jahre Grundsicherung bezogen hatte.

Ihm war jedoch nicht bewusst, dass er zusätzlich Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente gehabt hätte, da die zuständige Behörde ihn nicht darauf hingewiesen hatte. Erst nach mehreren Jahren erfuhr er zufällig durch eine Sachbearbeiterin von dieser Möglichkeit.

Dieses Versäumnis führte dazu, dass dem Kläger große finanzielle Mittel entgingen.

Er verklagte das zuständige Landratsamt auf Schadensersatz in Höhe von über 50.000 Euro. Der Bundesgerichtshof entschied in letzter Instanz zugunsten des Klägers und stellte klar, dass die Behörde verpflichtet gewesen wäre, ihn aktiv über den möglichen Rentenanspruch zu informieren.

Wie sieht die rechtliche Grundlage aus?

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs basiert auf der Erkenntnis, dass das Sozialrecht in Deutschland zunehmend komplexer wird.

Es kann von einem Bürger nicht erwartet werden, dass er über alle seine Ansprüche im Detail Bescheid weiß.

Hier kommt die Behörde ins Spiel: Sie muss nicht nur auf konkrete Anfragen antworten, sondern den Antragstellern auch von sich aus Informationen über zusätzliche Leistungen geben, die außerhalb der eigenen Zuständigkeit liegen.

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Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Urteil?

Das Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt die Rechte der Bürger und verpflichtet die Behörden zu mehr Transparenz. Es reicht nicht aus, Bürger lediglich auf Anfrage zu informieren.

Vielmehr müssen Sachbearbeiter aktiv auf weiterführende Leistungen hinweisen, selbst wenn diese von einer anderen Behörde erbracht werden. Dies betrifft besonders komplexe Fälle, in denen mehrere Leistungen in Frage kommen, wie es etwa bei der Kombination von Grundsicherung und Erwerbsminderungsrente der Fall ist.

Welche Möglichkeiten haben Betroffene?

Das Urteil zeigt deutlich: Wenn eine Behörde ihrer Informationspflicht nicht nachkommt und Ihnen dadurch finanzielle Nachteile entstehen, können Sie Schadensersatz verlangen.

Dies ist wichtig, um Behörden stärker in die Verantwortung zu nehmen und sicherzustellen, dass Rentnerinnen und Rentner ihre Rechte vollständig wahrnehmen können.

In Fällen, in denen Ihnen Leistungen entgangen sind, sollten Sie sich daher anwaltlich beraten lassen und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen die zuständige Behörde einleiten.

Was bedeutet das Urteil für die Zukunft?

Das Urteil des Bundesgerichtshofs schafft einen wichtigen Präzedenzfall. Es wird erwartet, dass es zukünftig mehr Klagen in ähnlichen Fällen geben könnte, wenn Bürger das Gefühl haben, nicht ausreichend informiert worden zu sein.  Urteil: AZ: III ZR 466/16, BGH