Die gesetzliche Rentenversicherung gewährt eine Erwerbsminderungsrente nach einem Antrag und einer Prüfung. Sie beurteilt, ob Ihre Leistung erheblich nachgelassen hat. Rentenrechtlich bedeutet Erwerbsminderung, dass Sie dauerhaft nur noch weniger als sechs (teilweise Erwerbsminderung) oder weniger als drei Stunden (volle Erwerbsminderung) pro Tag einer Beschäftigung nachgehen können.
Die Rentenkasse ist beim Gewähren einer Erwerbsminderungsrente streng. Sie prüft sehr genau, ob Sie einen Anspruch haben. Je besser Sie sich vorbereiten, desto höher sind Ihre Chancen, mit Ihrem Antrag erfolgreich zu sein.
Wir bei gegen-hartz kennen viele Fälle, in denen Anträge auf Erwerbsminderungsrente vorerst scheiterten, aber vermutlich ein positives Ergebnis hätten haben können. Dabei fielen uns immer wieder die gleichen vier Stellschrauben auf, an denen Sie drehen können, um zum Erfolg zu kommen.
Diese haben wir in diesem Beitrag für Sie aufgearbeitet.
Achten Sie auf die Beitragszeiten
Gesetzliche Renten sind keine Sozialleistungen, sondern Sozialversicherungsleistungen. Sie bekommen also eine Rente nur ausgezahlt, wenn Sie zuvor in die Rentenkasse eingezahlt haben. Es gibt bei jeder Rente feste Regelungen dafür, wie lange Sie Beiträge geleistet haben müssen, um überhaupt Anspruch auf diese Rente zu haben.
Bei einer Erwerbsminderung bedeutet das: Sie müssen mindestens fünf Jahre bei der Deutschen Rentenversicherung nachweisen, und in den vergangenen fünf Jahren müssen Sie mindestens drei Jahre pflichtversichert gewesen sein.
Wenn Sie diese Bedingungen nicht erfüllen, dann spielt es keine Rolle, ob Sie die medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderung erfüllen. Trotzdem entfällt Ihr Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.
Was können Sie also tun, wenn Ihre Leistungsfähigkeit derart nachlässt, dass Sie nicht mehr voll arbeiten können, Ihnen aber noch wenige Monate fehlen, um die drei Jahre Pflichtversicherung während der letzten fünf Jahre voll zu bekommen?
Die Lösung ist ein Minijob. Es kommt nicht auf die Höhe der Rentenbeiträge an, damit die Rentenversicherung Ihnen Wartezeit anrechnet. In einem Minijob sind Sie genau so pflichtversichert wie in einem Vollzeitjob (Sie können sich allerdings von der Versicherungspflicht befreien lassen).
Sie können also im Minijob weniger als drei Stunden arbeiten, zahlen weiter Beiträge in die Rentenversicherung ein und können Ihren Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente stellen, wenn Sie durch den Minijob die Pflichtzeiten erfüllt haben.
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Die medizinischen Voraussetzungen fehlen
Ein zweiter Punkt, an dem viele Anträge auf Erwerbsminderungsrente scheitern, sind die medizinischen Voraussetzungen. Für eine volle Erwerbsminderungsrente müssen die medizinischen Gutachten, Befunde, Atteste und Klinikberichte klar aussagen, dass Sie weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten können und dies gut begründen – bei einer teilweisen Erwerbsminderung entsprechend für weniger als sechs Stunden pro Tag.
Ihre subjektive Einschätzung ist dabei nicht entscheidend, sondern objektive medizinische Kriterien.
Manche Anträge scheitern, weil die Betroffenen Ihre eigene Situation falsch einschätzen und zum Beispiel an einem anderen Arbeitsplatz mehr als sechs Stunden pro Tag tätig sein könnten. Hier wäre eine fachkundige Prüfung im Vorfeld angebracht gewesen, um sich die Mühen, die Energie und die Zeit eines Antrags zu ersparen, der keine Chance auf Bewilligung hat.
Bei vielen Anträgen erkennt die Rentenversicherung jedoch deshalb keine Erwerbsminderung, weil die medizinischen Befunde nicht aktuell sind oder weil entscheidende Informationen fehlen. Dies können Sie aktiv beeinflussen, indem Sie Ihre Klinikberichte und Ihre Atteste, Befunde der behandelnden Ärzte und auch die Ergebnisse spezieller Untersuchungen akribisch sammeln.
Außerdem sollten Sie genau Tagebuch über Ihre Beschwerden führen, und dies über mehrere Monate hinweg und sich mit Ihren behandelnden Ärzten darüber auch intensiv austauschen. Besprechen Sie also bereits vor dem Antrag mit Ihren Medizinern, was unbedingt in den Antrag gehört und was Sie in ihren Befunden erwähnen müssen. Auch Untersuchungen, die explizit in den Antrag einfließen, sollten Sie ins Auge fassen.
Fehlerhafte Gutachten
Doch auch Ärzte selbst können falschliegen. Unzureichende und fehlerhafte Gutachten sind oft der Grund, warum Anträge auf Erwerbsminderung abgelehnt werden, obwohl die Betroffenen tatsächlich erwerbsgemindert sind.
Sie müssen sich das nicht gefallen lassen. Sie haben das Recht, gegen solche Bewertungen Widerspruch einzulegen, und Sie können zusätzliche Gutachten anfordern.
Typische Fehler in Gutachten sind zum Beispiel: Beschwerden und Symptome eines Patienten werden nicht aufgeführt. Gesundheitliche Einschränkungen, die ein Patient erwähnt, werden vom Gutachter überhaupt nicht geprüft. Die Untersuchung ist generell nicht ausreichend, um den Zustand angemessen zu beurteilen.
Die Reha ist nicht vollständig
Bei der Rentenversicherung gilt immer der Grundsatz „Reha vor Rente“. Bevor die Rentenkasse also eine Erwerbsminderungsrente gewährt, müssen Sie die Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um Ihre berufliche und medizinische Leistung wiederherzustellen.
Erst wenn die Reha nicht zum Erfolg führt und trotz Reha Ihre Leistung voraussichtlich dauerhaft gemindert bleibt, entscheidet die Rentenversicherung über die Erwerbsminderungsrente.
Die Rentenversicherung lehnt also Anträge auf Erwerbsminderungsrente ab, wenn Sie die vereinbarte Rehabilitation vorzeitig abgebrochen haben oder die Berichte aus der Reha fehlen. Auch wenn Sie bestimmte Reha-Leistungen nicht durchgeführt haben, die in den Augen der Rentenkasse notwendig gewesen wären, wird diese Ihren Antrag vermutlich ablehnen.
Hier können Sie vorsorgen, indem Sie am besten bereits proaktiv die nötigen Reha-Maßnahmen durchführen, auf aussagekräftige Berichte dazu achten und sich mit den zuständigen Fachkräften der Reha absprechen, wie es hinsichtlich Ihrer Erwerbsminderung aussieht.
Sie können etwas tun
Am Ende entscheidet die Rentenversicherung, ob Sie eine Erwerbsminderungsrente bekommen. Oder die Sache wird juristisch ausgefochten, dann entscheidet das Sozialgericht. Ihre Position ist in jedem Fall erheblich besser, wenn Sie die Gründe kennen, die bei einer Erwerbsminderung entscheidend sind. Je gründlicher Sie sich informieren und je besser Sie professionell unterstützt werden, umso besser sind die Chancen, mit einem gut vorbereiteten Antrag zum Erfolg zu kommen.