Erst Corona-Helden und jetzt mit Hartz IV aufstocken

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In vielen Berufsfeldern sind niedrige Gehälter weit verbreitet. Reicht der Lohn nicht zum Lebensunterhalt, müssen Arbeitnehmer zusätzlich mit Hartz IV „aufstocken“. Eben jene Berufsfelder wurden als “Corona-Helden” in der Pandemie gefeiert. Dennoch müssen die Betroffenen am Rande des Existenzminimum leben.

In Deutschland müssen rund eine Million Menschen ihr niedriges Einkommen mit Hatz IV aufstocken, um über die Runden zu kommen. Die Agentur für Arbeit spricht von „Ergänzern“ oder „erwerbstätigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“.

Auswertung der Bundesarbeitsagentur zeigt klassische „Aufstocker“-Jobs

Laut einer Sonderauswertung der Bundesarbeitsagentur, die von der Arbeitsmarktexpertin der Linken im Bundestag Sabine Zimmermann angefordert wurde und sich auf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Jahresschnitt 2018 bezieht, bezogen 10,1 Prozent der Reinigungskräfte, die unter die niedrigste Qualifikationsstufe „Helfer“ fielen, eine Aufstockung. Bei allen Berufen waren es im Vergleich nur fünf Prozent. Bei den Reinigungsfachkräften bezogen 7,8 Prozent ergänzend Hartz IV, während dies bei nur 1,6 Prozent der Fachkräfte generell der Fall war. Bei Reinigungskräften mit Minijob erhielten 14,3 Prozent der Helfer und 16,1 Prozent der Fachkräfte ergänzende Unterstützung.

Auch im Lebensmittelverkauf und der Speisenzubereitung gab es 2018 auffällig viele Aufstocker mit 13,5 und 9,9 Prozent. In der Körperpflege bezogen sogar 22,7 Prozent der Helfer und 7,9 Prozent der Fachkräfte und in Gastronomieberufen 7,6 Prozent der Helfer und sechs Prozent der Fachkräfte ergänzendes Hartz IV.

Arbeitsmarktexpertin kritisiert Lohnpolitik in bestimmten Berufsfeldern

„Betroffen sind auch ausgerechnet diejenigen, die eben noch als Helden des Alltags gefeiert wurden“, stellt Zimmermann fest. Der Befund sei Hinweis genug, dass es einen höheren Mindestlohn von 12 Euro und bessere tarifliche Bezahlungen geben müsse.

Außerdem sei ein Recht auf Mindest-Wochenarbeitszeit nötig, da Beschäftigte häufig mit Teilzeitverträgen abgespeist würden, damit sie flexibel eingesetzt werden könnten, was faktisch mit Mehrarbeit einhergehe. Die „Corona-Krise“ habe außerdem gezeigt, dass das Konzept der Minijobs nicht existenzsichernd sei. Diese Jobs müssten „in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden“, so Zimmermann.