Hintergrund zum Zurรผckbehaltungsrecht der Heizkostenabschlรคge
Jobcenter fordern die Vorlagen der Heizkostenabrechnung ein, unzulรคssigerweise auch schon mal mit der Drohung, sonst alle Hartz IV Leistungen einzustellen. Es kann aber ggf. nur die Leistung eingestellt werden, deren Bedarf nicht nachgewiesen wird. Die Einstellung der Heizkostenzahlung (und damit auch die Einstellung der Zahlungen des Mieters/der Mieterin an Vermieter/Vermieterin) ist in einem solchen Fall rechtens. Dem Mieter/der Mieterin kann dann wohl kein Nachteil drohen.
Es besteht aber das Risiko, nicht sorgfรคltig genug vorzugehen und Verfahrensfehler zu machen und einen Kรผndigungsgrund zu liefern. Sobald รผberhaupt irgendeine ggf. fehlerhafte und unzureichende Abrechnung vorgelegt wird, muss gezahlt werden, mรถglicherweise abzรผglich 15 %, wenn die Abrechung nicht korrekt vorgenommen ist.
Nach einem Urteil des BGH (Az.: VIII ZR 191/05) kann der Mieter in einem bestehenden Wohnraummietverhรคltnis gemรคร ยง 273 Abs. 1 BGB ein Zurรผckbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen geltend machen. Durch dieses Druckmittel ist der Mieter hinreichend geschรผtzt. In diesem Fall kann er nicht die Rรผckzahlung der bereits erbrachten Vorauszahlungsbetrรคge fordern, sondern lediglich ein Zurรผckbehaltungsrecht fรผr die weiter laufenden Vorauszahlungen auf die Nebenkosten geltend machen, deren Zahlung er also gemรคร ยง 273 BGB verweigern kann. Der Mieter ist aber nicht berechtigt, die Grundmiete zurรผckzubehalten, sondern nur die vereinbarten Vorauszahlungen. Das Zurรผckbehaltungsrecht des Mieters erlischt erst dann, wenn der Vermieter eine formell wirksame Nebenkostenabrechnung dem Mieter erteilt hat.โ Kalte Betriebs-/Nebenkosten kรถnnen mietvertraglich pauschal abgegolten werden.
Ratgeber: Einforderung Nebenkosten-/ Heizkostenabrechnung
Entsprechend der HeizkostenV mรผssen Heizkosten hingegen individuell ermittelt und abgerechnet werden. In einigen wenigen Fรคllen kommt die Heizkostenverordnung nicht zur Anwendung, so dass die Kosten nicht verbrauchsabhรคngig erfasst und abgerechnet werden mรผssen:
– In Gemeinschaftsrรคumen (Treppenhรคuser, Waschkรผchen, Trockenrรคume, Partyrรคume) mรผssen keine Heizkostenzรคhler installiert sein. Ausnahme: Gemeinschaftsrรคume mit hohem Wรคrmeverbrauch (Sauna, Schwimmbad).
– In Alters- und Pflegeheimen, Studenten- oder Lehrlingswohnheimen sind Warmmieten zulรคssig. Ebenso fรผr vergleichbare Gebรคude oder Gebรคudeteile, deren Nutzung Personengruppen vorbehalten ist, mit denen wegen ihrer besonderen persรถnlichen Verhรคltnisse regelmรครig keine รผblichen Mietvertrรคge abgeschlossen werden.
– In Einliegerwohnungen kรถnnen sich Vermieter und Mieter darauf einigen, dass die Heizkostenverordnung nicht angewendet wird.
– Wenn die Mieter den Wรคrmeverbrauch gar nicht beeinflussen kรถnnen oder die Vermieter besonders energiesparende Heizanlagen betreiben (Wรคrmepumpen oder Solaranlagen), braucht nicht abgerechnet zu werden (Auszug HeizkostenV s.u.).
Eine Verpflichtung der Leistungsberechtigten zur Einforderung der HK-Abrechnung kann sich ergeben aus dem Gebot zur Verringerung der Hilfebedรผrftigkeit aus ยง 2 I 1 SGB II.
Zumeist ist eine Betriebs-/ Heizkostenabrechnung aber verbunden mit einer Nachzahlungspflicht. In der Realitรคt ist es eher die Ausnahme, wenn bei niedrigen Mieten und knapp (und rechtlich korrekt) kalkulierten Vorauszahlungen abwechselnd Guthaben oder Nachzahlungen entstehen. Potentiellen Nachzahlungen hinterherzulaufen erscheint nicht nur wenig sinnvoll, sondern – im Sinne der gesetzlichen Regelungen vermeidbare Kosten zu vermeiden – doch eher rechtswidrig.
Nicht vergessen werden darf auch, dass im Normalfall es sich um Abrechnungsspitzen handelt, die – anders als รberzahlungen an Grundmiete, auch auf der Zeitschiene nicht untergehen. Endet ein Jahr mit einem Guthaben und vergisst der Vermieter die Abrechnung zu erteilen, ebenso Vorauszahlungen zu senken, besteht kein unmittelbarer Handelsbedarf. Die vergessene Abrechnung kann z.B. ohne weiteres anlรคsslich der Erteilung der Folgeabrechnung eingefordert werden, รผberzahlte Vorauszahlungen kompensieren sich nach dem Abrechnungsmodus von alleine.
Die Einforderung ist also nicht immer sinnvoll. Hier sind Altvertrรคge mit einer seit vielen Jahren durchgehend bestehenden geringen Neben-/ Heizkostenpauschale bekannt. Aus Unwissenheit, Nachlรคssigkeit oder Gutmรผtigkeit verzichten besonders die in Bochum stark vertretenen Einzelvermieter_innen auf zustehende Gelder. Die Abrechnung erstellt der/die Vermieter_in nach Feierabend, mit der gleichen hohen Motivation, mit der sie ihre Steuererklรคrung erstellen. Abgerechnet werden wenige Positionen, das Kostenvolumen schwankt um +/- 40,- โฌ. D.h. 3,00 โฌ im Monat. Hier wรคre die Einforderung der Abrechnung gerade ungรผnstig. Ein entsprechender Verwaltungsakt wรคre hinfรคllig, weil er das angestrebte Ziel der Kostenminderung gerade nicht befรถrdern wรผrde.
Auch die restlichen noch nicht verkauften kommunalen Wohnungsgesellschaften arbeiten in Betriebskostenfragen i.W. korrekt, im Unterschied zum rein gewinnorientierten Betriebskostenmanagement der sog. โHeuschreckenโ.
Anzuraten und sogar erforderlich ist also eine Einzelfallbetrachtung: liegen die Abschlรคge / die Pauschale deutlich im unteren Bereich, so wรคre zu erwรคgen, auf die zustehende Abrechnung zu verzichten. Ein zu hartes โneurotischesโ Insistieren auf einer Abrechnung fรผhrt auch immer wieder dazu, dass Vermieter_innen einfรคllt, dass sie ja auch mal wieder die Grundmiete erhรถhen kรถnnten, sofern sie unterhalb des Mietspiegelniveaus liegt. Die Hartz IV-Mieter_innengruppe erhielte zudem einen zusรคtzlichen Malus auf dem freien Markt.
Heizkosten-Verordnung
Verordnung รผber die verbrauchsabhรคngige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Verordnung รผber Heizkostenabrechnung – HeizkostenV) (Stand: Neugefasst durch Bek. v. 5.10.2009 I 3250)
โยง 11 Ausnahmen
(1) Soweit sich die ยงยง 3 bis 7 auf die Versorgung mit Wรคrme beziehen, sind sie nicht anzuwenden
1. auf Rรคume,
a) in Gebรคuden, die einen Heizwรคrmebedarf von weniger als 15 kWh/(m2 ยท a) aufweisen,
b) bei denen das Anbringen der Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung des Wรคrmeverbrauchs oder die Verteilung der Kosten des Wรคrmeverbrauchs nicht oder nur mit unverhรคltnismรครig hohen Kosten mรถglich ist; unverhรคltnismรครig hohe Kosten liegen vor, wenn diese nicht durch die Einsparungen, die in der Regel innerhalb von zehn Jahren erzielt werden kรถnnen, erwirtschaftet werden kรถnnen; oder
c) die vor dem 1. Juli 1981 bezugsfertig geworden sind und in denen der Nutzer den Wรคrmeverbrauch nicht beeinflussen kann;
2. a) auf Alters- und Pflegeheime, Studenten- und Lehrlingsheime,
b) auf vergleichbare Gebรคude oder Gebรคudeteile, deren Nutzung Personengruppen vorbehalten ist, mit denen wegen ihrer besonderen persรถnlichen Verhรคltnisse regelmรครig keine รผblichen Mietvertrรคge abgeschlossen werden;
3. auf Rรคume in Gebรคuden, die รผberwiegend versorgt werden
a) mit Wรคrme aus Anlagen zur Rรผckgewinnung von Wรคrme oder aus Wรคrmepumpen- oder Solaranlagen oder
b) mit Wรคrme aus Anlagen der Kraft-Wรคrme-Kopplung oder aus Anlagen zur Verwertung von Abwรคrme, sofern der Wรคrmeverbrauch des Gebรคudes nicht erfasst wird;
4. auf die Kosten des Betriebs der zugehรถrigen Hausanlagen, soweit diese Kosten in den Fรคllen des ยง 1 Absatz 3 nicht in den Kosten der Wรคrmelieferung enthalten sind, sondern vom Gebรคudeeigentรผmer gesondert abgerechnet werden;
5. in sonstigen Einzelfรคllen, in denen die nach Landesrecht zustรคndige Stelle wegen besonderer Umstรคnde von den Anforderungen dieser Verordnung befreit hat, um einen unangemessenen Aufwand oder sonstige unbillige Hรคrten zu vermeiden.โ (Mit Dank an NH)