Finanzmininister Christian Lindner (FDP) plant, die Wohnungskosten für Bürgergeld-Bezieher einzustreichen. Ausgesprochen scharf kritisiert dies Michaela Engelmeier, die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD).
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Nur noch eine Pauschale soll gezahlt werden
Lindner will Ausgaben sparen, indem Bürgergeld-Bezieher Wohnkosten lediglich als Pauschale ausgezahlt bekommen, und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft nicht mehr -wie bisher- übernommen werden.
“Wohnkosten werden bereits auf Angemessenheit geprüft”
Engelmeier warnt hingegen davor, dass das Einsparpotenzial bei der Ärmsten schon jetzt ausgesprochen gering sei. Die Wohnkosten würden bereits jetzt auf Angemessenheit überprüft.
Sie zeigt, welche gravierenden Folgen Lindners Pläne hätten, lediglich Pauschalen auszuzahlen, die die realen Mietkosten nicht decken.
Pauschale treibt Bedürftige in die Wohnungslosigkeit
Engelmeier sagt: “Viele Bürgergeldbeziehende würden ihr Zuhause verlieren, weil die Pauschale in ihrer Region nicht für die Mieten reicht.”
Die Schuldenfalle
Was Engelmeier nicht erwähnt, ist eine weitere fatale Folge, die sich absehen lässt. Viele Betroffene wird die Pauschale in die Schulden treiben.
Sie haben jeden Monat zu wenig Geld, um ihre Miete zu zahlen. Da das Bürgergeld am Existenzminimum ausgerichtet ist, lässt sich auch nicht “einfach etwas vom Regelsatz abzwacken”.
Schulden, die Menschen am Existenzminimum nicht zurückzahlen können, werden so unausweichlich, wenn die Miete nicht gedeckt ist.
Pauschale attackiert Arbeitssuche
Der Wohnungsverlust würde, so Engelmeier, auch das eigentliche Ziel des Bürgergeldes beschädigen, nämlich die Arbeitssuche: “Das bedeutet auch den Verlust von lokalen Hilfsnetzwerken zur Arbeitsmarktintegration.”
Gegen das Treten nach unten
Auch grundsätzlich stellt sie sich Lindners Plänen entgegen und erläutert: „Beim Bürgergeld immer wieder alle Betroffenen über einen Kamm zu scheren, führt nur zu noch mehr Stigmatisierung. Was wir brauchen, sind vernünftige Unterstützungsangebote statt banalem Bashing und pauschalen Sanktionsverschärfungen mit Einsparandrohungen.“
Die Reichen zur Kasse bitten statt die Ärmsten zu schröpfen
Engelmeier kritisiert zudem generell das Schröpfen der Ärmsten, um die Kassen zu füllen, statt von denjenigen zu fordern, ihren Teil zur Gesellschaft beizutragen, die mehr als genug haben: „Und auf der Suche nach einer zukunftsfesten Haushaltskonsolidierung sollte Herr Lindner endlich an die Steuerprivilegien für Superreiche ran.”
Kritik kommt auch aus der SPD
Auch innerhalb der Regierungsparteien wird Lindners Idee teilweise sehr scharf abgelehnt. So schrieb der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci auf X: „Die Vorschläge von Lindner zum Bürgergeld sind zynisch und verletzen die Würde von Menschen. Wo lebt der Mann? Es gibt viel zu wenig Wohnraum, kleiner heißt oft teurer. Billiger = oft schlecht isoliert.“
Derzeit gilt die Angemessenheitsgrenze
In der jetzigen gesetzlichen Situation gilt bei den Kosten der Unterkunft als Teil des Bürgergeldes die Angemessenheitsgrenze.
Das Jobcenter übernimmt die Kosten der Mietwohnung oder auch laufende Kosten eines Eigenheims, wenn diese eine berechnete Angemessenheitsgrenze nicht überschreiten.
Diese Angemessenheit hängt zum einen von der Größe und den Kosten der Wohnung ab, zum anderen zum Beispiel vom örtlichen Mietspiegel und der lokal geltenden Mietobergrenze.
Generell haben die einzelnen Jobcenter eigene Schlüssel, nach denen sie die Angemessenheit berechnen.
Deshalb gelten bei Jobcentern in München höhere Grenzen der Angemessenheit als in Mecklenburg, in Stuttgart höhere als in Kleinstädten Thüringens.
Was fällt unter Kosten der Unterkunft?
Kosten der Unterkunft umfassen Kaltmiete, Nebenkosten und Heizkosten. Dabei zählen zu den kalten Betriebskosten alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Wohnung stehen, wie es im Mietvertrag definiert ist. Heizkosten gelten als warme Betriebskosten und werden vom Jobcenter in tatsächlicher Höhe übernommen, wenn sie angemessen sind.
Nicht als Kosten der Unterkunft bezahlt wird Strom, sondern für diesen ist ein Anteil im Regelsatz des Bürgergeldes vorgesehen.