Immer wieder müssen sich Bürgergeldempfänger mit den Jobcentern über die Angemessenheit der Wohnkosten streiten. Zwar gilt derzeit eine sogenannte Karenzzeit bei “unangemessenen” Unterkunftskosten, diese endet jedoch nach 12 Monaten. Im Koalitionsvertrag wurde eine Änderung der Regelungen zu den Unterkunftskosten angekündigt.
Nach § 22 SGB II muss das Jobcenter neben dem monatlichen Regelsatz auch die Kosten der Unterkunft zahlen. Dazu gehören die Miete einschließlich Nebenkosten und die Heizkosten. Die Kosten für Warmwasser werden grundsätzlich übernommen, Strom müssen Bürgergeldbezieher zusätzlich aus der Regelleistung bezahlen.
Koalitionsvereinbarung bis heute nicht umgesetzt
Im Koalitionsvertrag wurde eine umfassende Reform der Regelungen zu den Kosten der Unterkunft für Bürgergeld- und Sozialhilfeempfänger vereinbart. Auf Seite 75 des Vertrages zwischen SPD, Grünen und FDP wurde formuliert
„Um die Erstattung der Kosten der Unterkunft transparenter und rechtssicherer auszugestalten, schaffen wir einen verbesserten gesetzlichen Rahmen für die Anwendung der kommunalen Angemessenheitsgrenzen und stellen sicher, dass diese jährlich überprüft und ggf. angepasst werden. Dies erleichtert den Kommunen, die Kosten der Unterkunft und Heizung als regionalspezifische Pauschalen auszuzahlen (…)“.
Immer weniger Sozialwohnraum
Harald Thomé vom Sozialverein “Tacheles e.V.” sprach sich für eine Umsetzung der Reform aus. Derzeit fehlen “Millionen an Wohnungen, immer mehr Wohnungen fallen aus der Sozialbindung, der Neubau von Wohnungen stagniert, die Spekulation mit Wohnraum wird immer heftiger”, so Thomé. Dadurch entsteht für Leistungsbeziehende eine Wohnungslücke.
Lesen Sie auch:
– Bürgergeld: Gegen Mahnungen des Jobcenters zur Wehr setzen
Das bedeutet, dass Leistungsberechtigte zu den von den Kommunen festgelegten Unterkunftskostengrenzen sehr häufig keine Wohnung finden und daher auf “unangemessenen” Wohnraum ausweichen müssen. Dies hat zur Folge, dass die Differenz zu den Mietkosten nach Ablauf der Karenzzeit aus den Regelleistungen bezahlt werden muss.
Strom sollte raus aus den Regelleistungen
Zu Recht fordert Tacheles auch, die Stromkosten aus den Regelleistungen herauszunehmen und in die Unterkunftskosten zu integrieren. Darüber hinaus fordert Thomé, dass sich die Angemessenheitswerte für die Unterkunftskosten ausschließlich an der Grundmiete orientieren sollten.
“Die Angemessenheitswerte sollten in einem klaren, transparenten Verfahren anhand der konkreten Angebotsmieten ermittelt werden. Die Begrenzung der Unterkunftskosten wegen fehlender Umzugserfordernis (§ 22 Abs. 21 S. 6 SGB II) muss gestrichen werden. Die Regeln zur Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten sollten modifiziert werden und die Übernahme von Miet- und Energieschulden sollten nach klaren Regeln als Rechtsanspruch ausgestaltet werden” regt der Sozialrechtsexperte an.
Dringender Handlungsbedarf entsteht zudem in Zeiten von Inflation und unzureichenden Regelleistungen.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors