Nicht wenige Unternehmen nutzen die Förderungen, die vom Staat zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen angeboten werden, für Ihre Zwecke aus. Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit dem Teilhabechancengesetz.
Inhaltsverzeichnis
Das Teilhabechancengesetz: Maßnahme zur Wiedereingliederung
Das Teilhabechancengesetz wurde eingeführt, um Menschen, die seit längerer Zeit arbeitslos sind, wieder eine Perspektive im Arbeitsmarkt zu bieten. Arbeitgebern wird dabei ein erheblicher Teil der Lohnkosten übernommen – bis zu 100 Prozent – um so die Hemmschwelle für die Einstellung von Langzeitarbeitslosen zu senken.
Die Realität zeigt, dass viele Arbeitgeber das Programm eher als Möglichkeit zur Kostenreduktion sehen, anstatt wirklich in die berufliche Entwicklung der geförderten Mitarbeiter zu investieren. Kritiker bemängeln, dass das Gesetz trotz hoher Kosten oft nicht zu einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt führt.
Hohe Investitionen – Geringe Wirkung?
Das Teilhabechancengesetz ist ein kostspieliges Instrument zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen. In den ersten fünf Jahren nach seiner Einführung wurden rund vier Milliarden Euro investiert, um etwa 150.000 Stellen zu schaffen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund zieht nach fünf Jahren eine ernüchternde Bilanz: Etwa 40 Prozent der geförderten Arbeitnehmer schaffen es, langfristig aus dem Sozialleistungsbezug herauszukommen und auch nach der Förderung im Arbeitsmarkt zu verbleiben.
Diese Zahl zeigt, dass das Programm zwar Potenzial hat, aber keineswegs den erhofften umfassenden Erfolg erzielt.
Einzelfälle, die das Scheitern des Programms zeigen
Ein typisches Beispiel für die Probleme des Programms zeigt sich bei Katrin W. Nach 16 Jahren Arbeitslosigkeit fand sie durch das Gesetz eine neue Anstellung als Nageldesignerin.
Doch die positiven Aussichten währten nicht lange. Ihr Arbeitgeber zahlte trotz der finanziellen Unterstützung des Jobcenters ihr Gehalt nicht regelmäßig, was dazu führte, dass Katrin ihre Anstellung einklagen musste.
Nachdem sie den Arbeitgeber gewechselt hatte, folgte am Ende der 100-prozentigen Förderung die fristlose Kündigung. Diese Vorfälle legen den Verdacht nahe, dass einige Unternehmen das Programm lediglich als kurzfristige finanzielle Unterstützung ausnutzen, ohne echtes Interesse an einer langfristigen Bindung der Mitarbeiter zu haben.
Missbrauch durch Unternehmen: Fördergelder als kurzfristige Gewinnquelle?
Unternehmen nutzen die Förderung, ohne ein ernsthaftes Interesse daran zu haben, die geförderten Mitarbeiter langfristig zu halten. Diese Praktik führt dazu, dass Arbeitnehmer nach dem Ende der Förderung häufig entlassen werden und sich erneut in einer prekären Lage wiederfinden.
Langzeitarbeitslose werden so eher als kostengünstige Arbeitskraft für den Förderzeitraum angesehen, anstatt dass echte Anstrengungen unternommen werden, um ihnen eine nachhaltige Perspektive zu bieten.
Kontrollmechanismen und deren Versagen
Stefan Würzbach vom Deutschen Gewerkschaftsbund sagt, dass die überwiegende Zahl der Unternehmen die Maßnahme nicht missbraucht.
Die bestehenden Fälle sind ein Zeichen dafür, dass engmaschige Überprüfungen notwendig sind, um sicherzustellen, dass die Fördergelder auch wirklich im Sinne der Langzeitarbeitslosen verwendet werden.
Die Rolle der Betreuung: Erfolgsfaktor oder Feigenblatt?
Coaches sollen den Betroffenen helfen, im Arbeitsalltag Fuß zu fassen und die Herausforderungen am Arbeitsplatz zu bewältigen. Bea H. ist ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Ansatzes. Nach langer Krankheit und fünf Jahren Arbeitslosigkeit erhielt sie über das Gesetz eine Anstellung bei einem Bauunternehmen.
Dank der Unterstützung durch ihre Coachin Jolanda Dedio gelang ihr die berufliche Integration, und sie erhielt nach der Förderzeit einen festen Arbeitsvertrag.
Grenzen der Betreuung: Warum sie oft nicht ausreicht
Die engmaschige Betreuung wird häufig als entscheidender Erfolgsfaktor dargestellt, doch reicht diese Begleitung oft nicht aus, um systematische Schwächen im Programm zu kompensieren.
Selbst eine gute Betreuung kann kaum verhindern, dass Unternehmen die finanziellen Anreize des Gesetzes ausnutzen, ohne ein echtes Interesse an einer langfristigen Anstellung zu haben. Es bleibt die Frage, ob die Mittel des Programms effizient eingesetzt werden oder ob sie vielmehr dazu dienen, kurzfristige Arbeitsplätze zu schaffen, die keine echte Perspektive bieten.
Fehlende Nachhaltigkeit: Warum das Programm scheitern könnte
Derzeit sind bundesweit über 36.000 Menschen durch das Teilhabechancengesetz beschäftigt. Das zeigt die Reichweite des Programms, jedoch nicht, ob diese Unterstützung langfristig Bestand hat.
Die Erfahrungen von Katrin W. und vielen anderen zeigen, dass das Gesetz oft nur kurzfristige Erfolge erzielt, ohne dass echte Arbeitsplatzsicherheit geschaffen wird. Das bedeutet für viele Betroffene, dass sie nach der Förderung wieder in die Arbeitslosigkeit zurückfallen. Eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt kann so nicht erreicht werden.
Notwendigkeit von strengen Kontrollen und Sanktionen
Corinna Geßinger vom Jobcenter Gelnhausen betont die Wichtigkeit des Programms und hofft auf eine Fortführung, doch gerade die drohenden Budgetkürzungen stellen ein großes Risiko dar. Das Programm kann nur dann nachhaltig erfolgreich sein, wenn die geförderten Arbeitsplätze langfristig gesichert sind und die Arbeitgeber eine echte soziale Verantwortung übernehmen. Es braucht strengere Kontrollen, um sicherzustellen, dass die geschaffenen Stellen nicht nur kurzfristig angelegt sind, sondern echte Chancen bieten.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.