Bürgergeld statt Hartz IV: Sanktionen gelten sogar rückwirkend

Zunächst sollten die Sanktionen, die bei Hartz IV den Druck bei Leistungsbeziehenden hoch halten sollten, beim Bürgergeld keine wirkliche Rolle mehr spielen. Durch die Streichung des § 84 im SGB II wurde allerdings das Sanktionsmoratorium de facto rückwirkend aufgehoben. Was heißt das nun für Leistungsberechtigte ab dem 1.Januar 2023?

Fakten widerlegen Notwendigkeit von Sanktionen

Fakt ist, dass laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit gerade einmal 3 Prozent aller Leistungsbezieher überhaupt mit Sanktionen in der Vergangenheit belegt mussten.

Allerdings ist der Leistungsentzug ein Mittel, die Menschen in den Nierdiglohnsektor zu drängen. Denn Jobangebote, auch wenn sie schlecht bezahlt sind, dürfen nicht abgelehnt werden. Das war zu damliger Zeit das erklärte Ziel der Agenda 2010.

Vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts konnten die Jobcenter bis zu 100 Prozent die Leistungen kürzen bzw. komplett einstellen.

Das führte in zahlreichen Fällen zur Obdachlosigkeit und Verschuldung der Betroffenen. Erst nachdem öffentlicher Druck auch zum Teil das Urteil beeinflusste, mussten die Sanktionen auf 30 Prozent reduziert werden.

Studie zeigte gegenteilige Effekte

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt in einer Studie, dass Sanktionen gerade den gegenteiligen Effekt haben und den Berufseinstieg langfristig erschweren.

Sanktionen gelten auch rückwirkend

Nun aber wird durch die Streichung des § 84 SGB II das Sanktionsmoratorium de facto rückwirkend aufgehoben.

Ab 01 Januar 2023 werden alle Jobcenter wie gewohnt Pflichtverletzungen sanktionieren und – was viel schwerer wiegt – aufgrund der in § 31b SGB II geregelten 6-Monatsfrist zur Feststellung einer Minderung nach einer Pflichtverletzung können alle Pflichtverletzungen, die im Zeitraum 03.07.2022 bis 31.12.2022 begangen wurden, nun auch noch nachträglich sanktioniert werden.

Welche Sanktionen bzw. Leistungsminderungen gelten mit Einführung des Bürgergelds?

Um allerdings das belastete Wort “Sanktionen” zu kaschieren, wurden die Sanktionen ganz einfach in “Leistungsminderungen” umgetauft. Was aber wird tatsächlich nun umgesetzt?

  1. Wird nach Aufforderung mittels Verwaltungsakt mit Rechtsfolgenbelehrung eine Mitwirkungshandlung aus dem Kooperationsplan unterlassen, wird dies als Pflichtverletzung sanktioniert. (ab 01. Juli 2023).
  2. Die Dauer und Höhe der Sanktionen wegen Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II wurden gestaffelt. Die Sanktion bei einer ersten Pflichtverletzung beträgt 10% des Regelbedarfs und dauert einen Monat, bei einer weiteren (zweiten) Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 20% und dauert 2 Monate, bei jeder weiteren (ab der dritten) Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 30% und dauert 3 Monate. Um eine weitere Pflichtverletzung handelt es sich nur dann, wenn der Beginn des letzten Minderungszeitraums nicht länger als ein Jahr zurückliegt.
  3. Im Weiteren wurde die aufgrund des Bundesverfassungsgerichts (1 BvL 7/16) schon seit 12/2019 geänderte Sanktionspraxis in die längst fällige Gesetzesform überführt, d.h. die Sanktionshöhe ist auf 30% beschränkt, gekürzt werden darf nur die Regelleistung, nicht die Leistung für die Miete, und es darf keine Ungleichbehandlung nach Alter geben.
  4. Die Dauer der Sanktion einer Meldepflichtverletzung wurde auf einen Monat verkürzt.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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