Bürgergeld: Schlampiges Arbeiten der Jobcenter hat negative Folgen

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Eine Auswertung des Bundesrechnungshofes ergab, dass die Jobcenter schlampig arbeiteten, mit zum Teil gravierenden Folgen für die Leistungsberechtigten.

Einbahnstraße ins Elend

Eine zentrale Kritik am Hartz-IV-System lautete, dass durch die Sanktionierung der Betroffenen das Arbeitsrecht gezielt unterlaufen werde, dass Hartz IV ein Heer von entrechteten potenziellen Arbeitskräften für einen inoffiziellen Niedriglohnarbeitsmarkt schaffe, auf den Arbeitgeber/innen jederzeit zu Lasten der Betroffenen zugreifen könnten – statt die Arbeitssuchenden professionell weiterzubilden und so nachhaltig in reguläre Arbeit zu integrieren.

Hartz IV erschien den Betroffenen und den von Hartz IV Bedrohten oft und zu Recht nicht als Chance, wieder in reguläre Arbeit zu kommen, sondern als Rutschbahn nach ganz unten, aus der es kaum ein Entrinnen gab.

Jobcenter und Fachkräftemangel

Das ist nicht nur mit der Menschenwürde unvereinbar, sondern trägt auch zum Fachkräftemangel bei. Zu Hungerlöhnen in der Leiharbeit verheizt zu werden und ständig fürchten zu müssen, unter das Existenzminimum gedrückt zu werden, ersetzt keine qualifizierte Ausbildung – im Gegenteil.

Berufsabschluss ist der Schlüssel

Offene Stellen auf der einen und Arbeitssuche auf der anderen Seite sind nicht automatisch „Schloss und Schlüssel“. Vielmehr ist erst ein für die jeweilige Tätigkeit qualifizierender Berufsabschluss die Brücke, die von der Arbeitssuche zur Arbeit führt.

Das Bürgergeld wurde angekündigt, um genau hier anzusetzen. Statt (wie bei Hartz IV) die Betroffenen um jeden Preis in jede Arbeit zu pressen, soll Aus- und Weiterbildung im Mittelpunkt stehen.

Drei von fünf Aufstockern haben keinen Berufsabschluss

Die Statistik belegt, dass Weiterbildung der entscheidende Faktor ist. Fast drei von fünf Bürgergeldbeziehern haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Folgerichtig gibt die Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2022 563 Millionen Euro für Weiterbildung aus.

Defizite in der Praxis

Während es inzwischen vielfältige Möglichkeiten für Bürgergeld-Beziehende gibt, spezifische Weiterbildungen, Lehrgänge und Berufsabschlüsse zu absolvieren, versäumen es viele Jobcenter, die jeweiligen Qualifikationen an potenzielle Arbeitgeber/innen zu vermitteln. So werden laut Bundesrechnungshof viele erfolgreiche Qualifizierungen nicht oder viel zu spät in den Akten der Jobcenter vermerkt.

Fast jede zweite erfolgreiche Weiterbildung wird nicht erfasst

Erfolgreich abgeschlossene Lehrgänge, absolvierte Praktika und sogar komplette Berufsabschlüsse wurden bei 40 Prozent von 500 vom Bundesrechnungshof untersuchten Weiterbildungsmaßnahmen nicht in die Datensätze der Kund/innen der Bundesagentur für Arbeit eingetragen. Dabei gehört es zum Kern des Bürgergeldes, die Betroffenen im Anschluss an eine erfolgreiche Weiterbildung nahtlos an Arbeitgeber/innen zu vermitteln.

Ausgebildete Kauffrau als Hilfskraft geführt

Eine Betroffene absolvierte in zehn Monaten eine Qualifizierung zur Erzieherin, ohne dass dies in den Unterlagen vermerkt wurde oder ein Beratungsgespräch durch das Jobcenter stattfand.

Fast ein Jahr nach dem erfolgreichen Abschluss wurde dies vom Jobcenter im Bewerbungsprofil vermerkt – und die Betroffene erhielt sofort zehn Stellenangebote. Eine andere Betroffene legte ihre Prüfung zur Einzelhandelskauffrau mit „sehr gut“ ab, blieb aber beim Jobcenter als Helferin gemeldet.

Ein Industriekaufmann qualifizierte sich zusätzlich zur Fachkraft für Lagerlogistik und zum Bürokaufmann, wurde aber weiterhin nur als Industriekaufmann geführt.

Fehlende Koordination

Das Bürgergeld sollte im Unterschied zu Hartz IV eine Kooperation auf Augenhöhe zwischen Arbeitsuchenden und Berater/innen ermöglichen, um einen optimalen Wiedereingliederungsplan abzustimmen. Auch hier zeigen sich erhebliche Defizite. So absolvierte ein Betroffener zwar eine Weiterbildung zum Stadtlogistiker, um den für diesen Beruf notwendigen Führerschein kümmerte sich das Jobcenter jedoch nicht.

Venichtendes Urteil des Bundesrechnungshofes

Der Bundesrechungshof kommt zu einem negativen Fazit: „Die Integrationsfachkräfte der Jobcenter haben damit zentrale Vorgaben der Bundesagentur nicht beachtet.“ Dies führe zu „Entmutigung und Enttäuschung auf Seiten der Arbeitsuchenden, ausbleibenden Vermittlungserfolgen und die Verschwendung von Steuermitteln: Im Schnitt zahlte die BA knapp 5000 Euro pro Qualifizierungsmaßnahme.“

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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