Bürgergeld: Jobcenter plötzlich Pleite – 65 Millionen sind weg

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In Bremen werden voraussichtlich Weiterbildungen für Arbeitsuchende gestrichen, weil das Jobcenter die dafür vorgesehenen Gelder bereits zur Jahresmitte ausgegeben hat. Betroffene demonstrierten auf dem Bremer Marktplatz.

Weiterbildung ist der Schlüssel

Vilefach wird von Seiten der Politik immer wieder behauptet, Bürgergeld-Bezieher seien “faul”. In Wirklichkeit stehen einem Mangel an Fachkräften Erwerbslose gegenüber, denen die nötige Ausbildung fehlt. Die Brücke zwischen Erwerbslosigkeit hier und Fachkräftemangel da ist deshalb Qualifizierung.

Die für vom Jobcenter geförderten Weiterbildungen nötigen Jahresgelder hat die zuständige Behörde in Bremen allerdings schon zur Halbzeit verbraucht. Dies ergab ein Krisengespräch mit der Stadt.

“Große Angst vor den Folgen”

Charlotte Schmitz, Fachreferentin für Sozialmedizin, organisierte eine Demonstration auf dem Bremer Marktplatz, die das Desaster öffentlich machte. Sie sagt: “Wir sind extrem schockiert und haben große Angst vor den Folgen, die das jetzt haben wird.”

Kaum Chancen auf Weiterbildung

Nach dem jetzigen Stand wird es im Verlauf dieses Jahres kaum noch Möglichkeiten geben, sich in Bremen mit Förderung des Jobcenters durch Weiterbildung zu qualifizieren.

Zwar betreffen die Kürzungen nicht laufende Maßnahmen und das Bürgergeld selbst, doch das bedeutet unterm Strich, dass lediglich die bestehende Armut verwaltet wird – statt eine Perspektive zu ermöglichen, in reguläre Beschäftigung zu kommen.

Für viele Betroffene bedeutet das Einfrieren der Fördermittel den Verlust bestehender Jobs. Sinnvolle berufliche Entwicklungen, die Arbeitsuchende zusammen mit dem Jobcenter entwickelten, werden ausgelöscht.

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65 Millionen sind weg

65 Millionen Euro, die beim Jobcenter Bremen für Fördermaßnahmen vorgesehen waren, sind aufgebraucht. Das Jobcenter kündigt an, dass die vorhandenen Mittel lediglich bis Ende August oder Anfang September ausreichen.

Wo ist das Geld geblieben?

Unklar bleibt, wo das Geld geblieben ist. Die Sozialbehörde Bremen verlangt Auskunft darüber. Auch wenn es diese geben sollte, haben die leidtragenden Arbeitsuchenden nichts davon, denn das Geld ist weg.

Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde, sagt: “Unsere Erwartung ist eine absolute Aufklärung und soweit wie möglich auch Lösungsansätze für diese finanziellen Probleme.”

“Betroffene weiter unterstützen”

Die Bremer Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD) formulierte gegenüber dem Stadtmagazin buten un binnen, es würde überlegt, was “die Bundesagentur für Arbeit und mein Ressort als Träger des Jobcenters, was jede Seite tun kann, um die betroffenen Menschen weiterhin zu unterstützen.”

Erste Einrichtungen künden Einschnitte an

Ernst Schütte, Geschäftsführer der gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft WaBeQ, erklärte bereits, dass seine Einrichtung vermutlich das Weiterbildungsangebot einschränken müsste. Er will sich an die Stadt Bremen wenden, damit diese die Finanzierung übernimmt.

Bettelverbot und Kürzungen beim Jobcenter

Charlotte Schmitz weist darauf hin, dass das voraussichtliche Streichen von Weiterbildungen nicht der einzige Schaden ist, den arme Menschen in Bremen gegenwärtig erleiden.

Sie postet auf Linkedin: “In den letzten Tagen hat sich die Situation vieler marginalisierter Menschen dramatisch verschärft. Der Bremer Senat hat ein Bettelverbot mit Bußgeldern von 500 Euro eingeführt und das Jobcenter kürzt wichtige Unterstützungsmaßnahmen. Menschen werden verdrängt und kriminalisiert, während notwendige soziale Angebote wegfallen.”

Schmitz zeigt hier, welche Kette der sozialen Grausamkeiten droht: Hilfebedürftigen werden die notwendigen Qualifizierungen gestrichen, mit denen sie aus der Bedürftigkeit kommen könnten, und wenn die Betroffenen dann betteln müssen, wird ihnen ein Bußgeld von 500 Euro auferlegt – das sie nicht haben.

Was fordern die Demonstranten?

Charlotte Schmitz stellt auf Linkedin die Forderungen der Demonstranten dar. Dazu gehören erstens ein sofortiges Rettungspaket für gekündigte Beschäftigungsmaßnahmen und Bildungsgutscheine bis Ende 2024, zweitens eine Überarbeitung der Bettel- und Verdrängungsregelungen hin zu einer humanen, integrativen Politik und drittens keine Kürzung der Eingliederungsgelder im Bund.